Letzte Aktualisierung: 13.07.2016

Experten-Ratgeber zur Teil- und Komplettsanierung alter Fenster

Wie lassen sich alte Fenster sanieren? Wann sollten Fenster komplett saniert werden? Welche Probleme können bei der Sanierung auftreten? Bekommt man Fördergelder für eine Fenstersanierung?

Alte Fenster sind Energiefresser. Ihre Sanierung erzielt eines der höchsten Einsparpotenziale bei vergleichsweise geringen Kosten. Doch nicht immer ist eine Komplettsanierung erlaubt oder gewollt. Daher werden gerade historisch wertvolle Fenster oft innerhalb einer "angepassten Fenstersanierung" modernisiert. Wir erklären in diesem Experten-Ratgeber, wann eine Teil- und wann eine Komplettsanierung sinnvoll sein können und wie diese umgesetzt werden.

Teil- und Komplettsanierung alter Fenster

Gemeinhin gilt, dass alle Fenster, die vor 1995 eingesetzt wurden, unter Effizienzgesichtspunkten einen Sanierungsfall darstellen. Um Heizkosten zu sparen und das Klima zu schonen, müssen die Fenster in der Regel komplett ausgetauscht werden. Denn moderne Fenster lassen weniger Wärme nach draußen und können so den Wärmebedarf eines Hauses erheblich senken. Je nach baulichem Zustand der Gebäudehülle und ihrer Dämmwirkung lassen sich so Einsparungen von 5 bis 15 Prozent realisieren. Zudem verbessert sich der Wohnkomfort, denn die neuen Fenster haben, auch wenn es draußen kalt ist, innen eine höhere Oberflächentemperatur.

Doch nicht immer ist eine Komplettsanierung sinnvoll oder erlaubt. So kann eine Sanierung von Fenstern innerhalb einer denkmalgeschützten Fassaden schlichtweg verboten sein oder die Fenster sind einfach optisch zu ansprechend, um sie auf den Müll zu schmeißen. Die Frage, wann ein Fenster erhaltenswert istund wann nicht, lässt sich daher nicht mit einer allgemeingültigen Angabe beantworten, schon gar nicht mit einer Jahreszahl, die nachfolgende Fenstergenerationen von einem Erhalt ausschließt.

Die Frage, ob ein Fenster also teil- oder komplettsaniert wird, hängt von einer Vielzahl an Faktoren und letztlich auch von den Kosten der Sanierung ab.

Historische Fenstertypen von 1850 bis 1920

Die Einschätzung des historischen Werts eines alten Fensters ist abhängig von der visuellen Wirkung der gesamten Fassade – einzeln und als Teil des Stadtbildes betrachtet. Denn ein altes Fenster ist Zeitzeuge, es informiert uns über das Leben zu seiner Einbauzeit. So waren Fenster lange Zeit ein Luxusgut, das viel Geld kostete. Wer kein Geld für die Fenstersteuer hatte, konnte sich nur kleine Fenster leisten. Und dichte Fenster, zum Beispiel zweischalige Kastenmodelle, gab’s eh nur in den Häusern der betuchteren Bürger und dann meist nur auf der Gebäudeseite, die der Stadt / Straße zugewandt war, während man die Fassade zum Hof mit einfach verglasten Fenstern bestückte.

Zu den gängigsten alten Fenstertypen aus der Zeit zwischen 1850 und 1920 zählen 

  • Einfachfenster,
  • Kastenfenster und
  • Verbundfenster.

Das Einfachfenster könnte man in diesem Trio als die konstruktive Basis bezeichnen, auf der die anderen beiden alten Fenstertypen aufbauen. Es hat nicht nur die einfachste Konstruktion, sondern auch die geringste Wärmedämmwirkung. Diese lässt sich jedoch schon mit einer Aufdopplung zu einem Doppelfenster sanieren. Eine solche Dopplung erzielt man, indem man aufdas bestehende Einfachfenster innen oder außen eine zweite Fensterebene aufschraubt. Solche Doppelfenster zählen durchaus schon als Verbundfenster.

Im Unterschied dazu verbindet ein Kastenfenster, das häufigste Fenstermodell der genannten Zeitepoche, zwei einfache Fenster mit einem größeren Abstand (zwischen 10 und 20 Zentimeter) und einem rundum laufenden Futterbrett. Die Luftschicht zwischen Innen- und Außenfenster, die sich beide nach innen öffnen lassen, weil der innere Fensterflügel immer größer als der äußere ist, wirkt als Dämmschicht.

Erwähnenswert sind hier auch die sogenannten Winterfenster oder Vorfenster: Einzelne, einfach verglaste Fenster, die man saisonal, also nicht permanent, einem ebenfalls einfachen Fenster (meist von außen, seltener von innen als Innenvorfenster) vorsetzte, ohne dass es mit diesem verbunden wurde.

Bilderserie: Best Practice-Beispiele für gelungene Sanierungen historischer Fenster

Angepasste Fenstersanierung bei energetischen Sanierungen

Über Sanierung oder Ersatz alter Fenster, die nicht unter Denkmalschutz stehen, hat der Hausbesitzer zu entscheiden. Doch auch, wenn die energetische Sanierung nach den strengen Anforderungen der aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV) verpflichtend ist, muss das nicht den Ausbau der alten Fenster bedeuten. Wer sich hier zu vorschnell gegen die Fenstersanierung entscheidet, spart vielleicht Kosten – aber er vernichtet auch Zeitzeugen von historischem Wert.

Expertentipp: Wer sich gegen die Fenstersanierung entscheidet, sollte diese zuvor zumindest sorgfältig dokumentieren.

Mit der Entscheidung für die Gebäudesanierung steht zumeist auch das energetische Konzept für das Gebäude fest. Damit sollte man zu einem Fachmann gehen, der eine Energieanalyse anfertigt, die auch die alten Fenster einbezieht. Er wird die Wärmedurchgangskoeffizienten der alten Fenstergläser und Fensterrahmen bestimmen. Daraus lässt sich dann ein energetisches Sanierungskonzept zur Verbesserung des Wärmeschutzes der alten Fenster entwickeln, so dass am Ende die sanierten Fenster in den erstrebenswerten Energiestandard des Gebäudes passen (Stichwort: angepasste Sanierung).

Ziel des Ganzen ist einerseits der maximal mögliche materielle Erhalt der alten Fenster und andererseits die Sanierung derselben auf dem höchstmöglichen Stand der Technik.

Bestandsaufnahme und Sanierungsplan

Grundlage der angepassten Fenstersanierung ist eine Bestandsaufnahme, die eine sogenannte Schadenskartierung umfasst, auf deren Basis dann ein Sanierungsplan ausgearbeitet werden kann. Folgende Schäden sollten dokumentiert werden:

bei Holzteilen

  • Schädlingsbefall (Würfelbruch)
  • Trocknungsrisse, Verunstaltungen
  • Fehlstellen
  • Verzug infolge Holzbruch
  • Verschleiß infolge Gebrauch
  • Nagellöcher, rostige Nägel
  • Bruch

bei Metallteilen

  • korrodierte Oberflächen (Rostbefall)
  • fehlende Metallteile
  • abgerissenes Blei  

bei Glas

  • zerbrochene Scheibe
  • blindes Glas
  • zerkratztes Glas

Expertentipp: Vergeben Sie für jeden möglichen Schaden eine Farbe und markieren Sie die vom zu sanierenden Fenster angefertigte Zeichnung entsprechend der vorliegenden Schäden.

Im Sanierungsplan kennzeichnen Sie dann die nötigen Maßnahmen ebenfalls farbig. Als Maßnahmen kommen in Frage:

  • holztechnische Überarbeitung
  • Metallreinigung und Konservierung
  • Nachbau fehlender Beschlagteile
  • Austausch zerbrochener Scheiben
  • gesamte Oberfläche reinigen

Expertentipp: Beim Reinigen des gesamten Fensters beachten Sie bitte, dass historische Farben und natürlich entstandene Patina Teil des Originalzustands sind und möglichst erhalten bleiben sollen.

Zur Verbesserung des Wärmeschutzes historischer Fenster können Sie einerseits alte konstruktive Elemente des Fensters sanieren, zum Beispiel die alten Fenstergläser mit modernen ersetzen, die einen höheren Wärmeschutz besitzen, oder den Rahmen erneuern.

Andererseits können Sie auch eine zusätzliche Fensterebene installieren, die ebenfalls zu höherer Wärmedämmung beiträgt. Nicht zu vergessen: Auch neue Fensterdichtungen tragen dazu bei, dass der Wärmeschutz verbessert wird.

Verglasung austauschen

Neue Fenstergläser mit moderner Wärmeschutzqualität machen als Fenstersanierungsmaßnahme insofern Sinn, als die Glasfläche die größte Fläche eines Fensters einnimmt. Alte Fenster sind einfach verglast.

  • Der Wärmedurchgangskoeffizient einer einfachen Verglasung UG historischer Glasqualität liegt bei etwa: 5,7 Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/m2K).
  • Doppelte Verglasungen mit Isolierglas ohne Beschichtung kommen, so denn Luft im Zwischenraum ist, auf Wärmedurchgangskoeffizienten von: UG = 2,8 bis 3 W/m2K. Füllt man statt der Luft das Edelgas Argon in den Zwischenraum zwischen den Scheiben und beschichtet das Glas mit einer dünnen Schicht Metalloxid, lässt sich der Wärmedurchgangskoeffizient sogar bis auf UG = 1 W/m2K senken.
  • Dreifache Verglasung (inklusive Isolierglas und Edelgasfüllung) hat einen UG-Wert von 0,7 W/m2K senken.

Die folgende Tabelle liefert einen Überblick über die möglichen Verglasungsarten der drei Haupttypen historischer Fenster: Einfachfenster, Kastenfenster und Verbundfenster.

Tabelle: Mögliche Verglasungsarten historischer Einfach-, Kasten- und Verbundfenster
Scheibenanzahl 1 2 3 4
Einfachfenster Einfachverglasung Isolierverglasung Isolierverglasung -
Verbundfenster - Einfachverglasung + Einfachverglasung Isolierverglasung + Einfachverglasung Isolierverglasung + Isolierverglasung
Kastenfenster - Einfachverglasung + Einfachverglasung Isolierverglasung + Einfachverglasung Isolierverglasung + Isolierverglasung

Zusätzliche Fensterebene einbauen

Wer im Rahmen der Fenstersanierung eine zusätzliche Fensterebene einbauen möchte, sollte unbedingt vorab prüfen, ob die bestehende Fensterkonstruktion das zusätzliche Gewicht trägt. Dabei kommt es insbesondere auf die höheren Kräfte an, die auf die Rahmenecken und Beschläge der alten Fensterkonstruktion wirken. Eine statische Entlastung der Rahmenecken kann man erzielen, indem man die extra Gläser direkt in den Holzrahmen klebt.

Komplettsanierung von alten Fenstern

Unter einer „Fenstersanierung“ wird im Gegensatz zu den vorgenannten Maßnahmen einer weitestgehenden Bewahrung des originalen Fensterbestandes eines Gebäudes durch eine Kombination aus Erhaltungs- und Reparaturmaßnahmen und teilweiser Erneuerung von Fensterteilen im heutigen Sprachgebrauch der letzten Jahre vornehmlich der Komplettaustausch aller Fenster eines Gebäudes oder Gebäudeteils als „Sanierung“ bezeichnet.

Dabei werden in der Regel neue, energieeffiziente Fenster eingebaut, die technisch den zu sanierenden Fenstern entsprechen (Austausch-Fenster) oder individuell optisch angelehnt bzw. originaltreue nachgebaut werden. Der große Vorteil hierbei sind sicherlich die im Gegensatz zu einer Teilsanierung deutlich niedrigeren Sanierungskosten. Jedoch kann ein Komplettaustausch insbesondere bei Ausführung der Fenstersanierung als einzelne Maßnahme zu bauphysikalischen Problemen führen.

Da die neuen Fenster immer deutlich luftdichter sind, als es die alten Fenster gewesen sind, fehlt z. B. eine sogenannte "passive Lüftung". Denn vorher konnte durch einen gewissen Luftstrom Feuchtigkeit durch Ritzen und Fugen auf natürliche Weise entweichen. In der Folge kann eine Schimmelbildung resultieren, da sich Kondenswasser insbesondere auf dem das Fenster umgebende Mauerwerk niederschlägt.

Ein damit einhergehendes Problem ist, dass neue Fenster nach einer Komplettsanierung eine wesentlich bessere Wärmedämmung aufweisen. Dies führt dazu, dass nicht mehr das Fenster die kälteste Stelle der Wand darstellt, sondern sich die Wandtemperaturen angleichen oder sogar die Wand die kälteste Stelle selbst ist. Der Fachmann spricht bei einer kompletten Fenstersanierung dabei auch von einer Taupunktverschiebung, die wiederum zu einer Schimmelbildung führen kann.

Kredit- und Zuschussförderung von Fenstersanierungen

Für Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen, die keine Komplettsanierung planen, sondern zunächst einzelne Maßnahmen umsetzen möchten, sind die KfW-Förderprogramme 152 und 430 interessant. Diese Programme fördern bestimmte Einzelmaßnahmen und Maßnahmenpakete entweder mit zinsgünstigen Krediten oder Zuschüssen. Voraussetzung ist, dass die Energieeffizienz des Wohnraums über gesetzliche Anforderungen hinaus verbessert wird.

Förderfähige Einzelmaßnahmen im Sinne der Programme sind die Dämmung von Decken, Außenwänden oder dem Dach, die Erneuerung bzw. Sanierung von Fenstern oder Außentüren, der Einbau oder die Erneuerung einer Lüftungsanlage oder die Erneuerung und Optimierung einer Heizungsanlage. Hinzu kommen zwei Maßnahmenpakete:

  • Das Heizungspaket umfasst den Austausch der Heizungsanlage sowie die Optimierung des Wärmeverteilsystems.
  • Beim Lüftungspaket wird der Einbau oder die Erneuerung einer Lüftungsanlage mit mindestens einer Maßnahme für eine effizientere Gebäudehülle kombiniert, also zum Beispiel der Sanierung der Fenster oder einer besseren Dämmung.

Mit diesen Förderkrediten der KfW-Förderprogramme 152 und 430 kann zum aktuellen Zeitpunkt (Stand 2016) nicht nur die volle Höhe der Sanierungskosten finanziert werden, sondern es muss nur die um einen 7,5-prozentigen Tilgungszuschuss reduzierte Kreditsumme zurückgezahlt werden. Wer lieber den Zuschuss wählt, erhält bei den Einzelmaßnahmen 10 Prozent der Sanierungskosten, bei den Maßnahmenpaketen sogar 15 Prozent zurück. Anerkannt werden bis zu 50.000 Euro je Wohnung. Unter Umständen bietet sich überdies eine Kombination mit weiteren Förderprogrammen an.

Speziell für den Erhalt alter Fenster bei deren Sanierung gibt es die seit dem 1. April 2012 geltende KfW-Förderung „Effizienzhaus Denkmal“. Diese stellt an historische Fenster „Mindestanforderungen“, die sich nach der Bauphysik moderner Gebäude richten. Dabei wird die Effizienz historischer Bauwerke und Bauteile mit den Maßstäben für heutiges auf Abdichten und Dämmen ausgerichtetes Bauen beurteilt. Die Beantragung von Fördermitteln für Fenster sollten Sie einem Energieberater oder Architekten übertragen.

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