Letzte Aktualisierung: 22.02.2017

Experten-Ratgeber zur Funktion und Ausführung von Ringankern

Was ist ein Ringanker? Welche Aufgabe erfüllt ein Ringanker im Bauwerk? Wo kommt er zum Einsatz und wie funktioniert er? Aus welchen Materialien lässt sich ein Ringanker bautechnisch realisieren und was ist dabei zu beachten?

Auf ein Bauwerk wirken unterschiedliche Kräfte ein, sogenannte Lasten. Zum einen die Gebäudeeigenlast, zum anderen die Verkehrslast und die Windlast. Solche Lasten muss das Bauwerk tragen können, ohne Schaden zu nehmen. Mit Hilfe eines Ringankers verhindert man quasi, dass das Bauwerk unter der Last auseinanderfällt. Die horizontal verbauten Ringanker nehmen Zugkräfte in den Wänden des Bauwerks auf. Wir erklären Ihnen in diesem Artikel, wie ein solcher Ringanker eingebaut wird, wo er gebraucht wird, wie er funktioniert und aus welchen Materialien er sich realisieren lässt. Sie erfahren daneben auch, was beim Einbau eines Ringankers zu beachten ist.

Aufnahme von Zugkräften durch Ringanker

Die Notwendigkeit, Wände und Decken miteinander kraftschlüssig zu verbinden, besteht grundsätzlich für alle Wände, soweit die Decken zur seitlichen Halterung der Wände eingesetzt werden. Daher werden in diesen Fällen in der Baupraxis sogenannte Anker im Mauerwerk eingesetzt.

Ganz allgemein versteht das Bauwesen unter Ankern spezielle Bauteile, mit deren Hilfe sich andere Bauteile zugsicher miteinander verbinden beziehungsweise verankern lassen. Aus der Aufgabe, die Zugspannung aufzunehmen, die auf das Bauteil wirkt, resultiert die Notwendigkeit einer Zugfestigkeit des Ankers selbst. Anker müssen demnach aus Materialien gefertigt sein, die für eine Inanspruchnahme seitens der auf sie wirkenden Zugkraft ausgelegt sind. Man unterscheidet dabei Zug- und Ringanker.

Zuganker werden in belasteten Wandbereichen und nicht in unbelasteten Brüstungsbereichen eingesetzt. Durch die Auflast wird die Wand erst in die Lage versetzt, die Ankerkräfte aufzunehmen und den Kraftschluss mit der Decke zu gewährleisten. Bei fehlender Auflast werden Ringanker eingesetzt. Diese nehmen innerhalb der Wandscheibe Zugkräfte auf, die infolge äußerer Lasten und Verformungsunterschiede entstehen und erhöhen damit die Stabilität der Wände und des ganzen Gebäudes.

Der Ringanker umfasst an der Außenkante die Decke und bildet das Zugband, um die Druckkräfte des auf sie wirkenden Druckbogens aufzunehmen. Der Ringanker wird dabei ausschließlich auf Zug beansprucht. Da die meisten Gebäude eckig sind, muss die Zugkraft dabei „um die Ecke“ geleitet werden. Das bedeutet, dass hier die Lasteinleitung aus dem Druckbogen in das Zugband stattfindet.

Historische Entwicklung von Ringankern

Rein rechnerisch ist Mauerwerk nicht in der Lage, Zugkräfte aufzunehmen. Da Mauerwerk aber seit jeher unerlässlich fürs Bauen ist, muss man für seine Standfestigkeit Sorge tragen.

Solange Holzbalkendecken verbaut wurden und werden, nutzte man stählerne Mauerwerksanker, um standfest zu bauen. Doch die zu erzielende Scheibenwirkung, oft über mit hölzernen Deckenbalken ausgesteifte Decken realisiert (sogenannte schubsteife Deckenscheiben), ließ und lässt beim Verankern so mancher Deckenbalken zu wünschen übrig. Also entwickelte man sogenannte Ringanker.

Die ringförmig geschlossenen Ringanker umschlossen anfangs von außen beispielsweise Kuppeln oder Gewölbe, später auch hohe Türme wie sie an Kirchen und Klöstern gebaut wurden. Der Dom von Florenz oder der Aachener Dom tragen bis heute sichtbare, eiserne Ringanker. Sie nehmen die Schubkräfte von Gewölbe und Dachstuhl auf und neutralisieren sie.

Insbesondere mit dem Baustil der Hochgotik waren Ringanker vonnöten, um die wegen der zunehmend großflächiger verbauten Fenster schwindende Stabilität der Wand auszugleichen. Heute setzt man Ringanker oft nachträglich ein, um historisches Mauerwerk zu stabilisieren.

Einsatz von Ringankern und Ringbalken

Im Zusammenhang mit Ringankern werden häufig Ringbalken genannt, mitunter verwendet man den Begriff sogar synonym. Doch es gibt einen feinen Unterschied zwischen Ringankern und Ringbalken:

  • Ringanker werden als in der Wandebene liegende horizontale Bauteile zur Aufnahme von Zugkräften definiert. Die Zugkräfte entstehen in den Wänden infolge äußerer Lasten oder von Verformungsunterschieden.
  • Im Unterschied dazu sind Ringbalken in der Wandebene liegende horizontale Bauteile, die neben Zugkräften auch Biegemomente infolge von rechtwinklig zur Wandebene wirkenden Lasten aufnehmen können.

Einsatz von Ringankern

Ringanker sind bei Gebäuden, die mehr als zwei Vollgeschosse haben oder länger als 18 Meter sind, auf allen für die Aussteifung des Baukörpers vorgesehenen Elementen wie Außenwände, zweischalige Trennwände oder z.B. Querwände in jeder Deckenlage oder unmittelbar darunter anzuordnen.

Für Ringanker gilt die Norm DIN 1053-1, 11.96, Abschnitt 8.2.1. Kommen Ringanker zum Einsatz müssen die Bewehrungsregeln zum Beispiel bezüglich der Überdeckung und des Krümmungskreisdurchmessers eingehalten werden.

Ringanker werden typischerweise in folgenden Bausituationen eingesetzt:

  • Bauwerkskopf, um hierauf den Dachstuhl aufzubauen
  • Gebäude mit zwei oder mehr Vollgeschossen (vorgeschriebener Einsatz)
  • Gebäude mit vielen Öffnungen in den Wänden (vorgeschriebener Einsatz, wenn die Summe der Öffnungsbreiten größer als 60 Prozent der Wandlänge ist oder wenn bei Fensterbreiten von mehr als zwei Drittel der Geschosshöhe die Summe 40 Prozent der Wandlänge übersteigt)
  • Gebäude mit Mauern länger als 18 Meter (vorgeschriebener Einsatz)
  • Baugrund erfordert zusätzliche Standfestigkeit (vorgeschriebener Einsatz)
  • Decken ohne Scheibenwirkung (vorgeschriebener Einsatz)
  • unter Gleitfugen (vorgeschriebener Einsatz)

Einsatz von Ringbalken

Ringbalken werden nicht nur durch Zugkräfte, sondern auch durch Biegemomente aus horizontalen Kräften belastet und sollen insbesondere die obere Wand, also den sogenannten Wandkopf, halten. Um eingeleitete Windkräfte aufzunehmen, verbaut man im Bauteil eine sogenannte Biegezugbewehrung, mit deren Hilfe man die Kräfte Großteils über Biegung in die Querwände einleitet. Praktisch werden daher Ringanker und Ringbalken häufig kombiniert.

Für die Ausführung von Ringbalken gilt Abschnitt 8.2.3 der genannten Norm DIN 1053-1, 11.96. Weitere Kriterien für Ringbalken ergeben sich analog zu den Anforderungen an Ringanker, insbesondere wenn diese in Doppelfunktion eingesetzt werden.

Experten-Wissen:Die Aufgaben für Ringanker und -balken lassen sich in der Praxis nicht immer klar trennen. Daher fordern Bauexperten, dass man die Gesamtheit der Aufgaben mit einer sogenannten Ringtragkonstruktion erfüllt, die dann je nach Art der Beanspruchung und in Abhängigkeit von der Art des Gebäudes eher wie ein Ringbalken aussieht. Immerhin sei die Aufgabe des Ganzen ja, eine räumliche Stabilität herzustellen – dem Bauherrn ist es im Zweifel egal, ob dies mit Anker oder Balken oder Ringtragekonstruktion geschieht.

Ausführung von Ringankern in der Praxis

Ringanker waren traditionell aus Holz oder Eisen (Stahl) gefertigt. Inzwischen gibt es Ringanker aus Stahlbetonkonstruktionen und aus Konstruktionen aus sogenanntem bewehrtem Mauerwerk. Bei konventionell gefertigten Häusern (Stein auf Stein) besteht der Ringanker aus Moniereisen, die zum Korrosionsschutz in Beton eingegossen werden.

Sie sind unter Gebrauchslast bei üblichen Gebäudeabmessungen auf eine Zugkraft von 30 Kilonewton (kN) auszulegen. Bei Ringankern aus bewehrtem Mauerwerk ist weitergehend die DIN 1053-3 zu beachten. Ringanker aus Stahlbeton sind mit mindestens zwei durchlaufenden, diagonal angeordneten Betonstählen nach DIN 1045 mit 10 mm Durchmesser zu bewehren.

Ringanker kommen typischerweise in folgenden Ausführungen zum Einsatz: 

  • Ortbeton-Decke mit Ringankerbewehrung
  • Holzbalkendecke mit Stahlbeton-Ringanker
  • Fertigteildecke mit Stahlbeton-Ringanker
  • bewehrtes Mauerwerk als Ringanker
  • Ringanker aus vorgefertigten U-Schalen

Wichtig bei der Ausbildung eines Ringankers ist, dass er durchgehend umgesetzt wird. Sollten Unterbrechungen nötig sein, müssen sie auf andere Bauteile abgeleitet werden, um die Stabilität der Konstruktion zu gewährleisten.

Risse im Mauerwerk entstehen in aller Regel durch Temperaturverformungen der Ringanker sowie das Schwinden von Stahlbeton-Ringankern. Temperaturverformungen können durch eine entsprechende Wärmedämmung, das Schwinden durch spätes Ausschalen oder Nachbehandeln der Ringbalken reduziert werden. Um Risse im Außenputz zu vermeiden, können Stahlbeton-Ringanker durch Gewebe bewehrt werden. Alternativ kann der Ringanker aus U-Schalen des gleichen Materials wie das ihn umgebende Mauerwerk erstellt werden.

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