Heute lässt sich Sigmar Gabriel hingegen für einen seiner Meinung nach "Paradigmenwechsel bei der Energiewende" feiern. Die EEG-Reform 2016 stelle die Förderung der Erneuerbaren Energien auf wettbewerbliche Ausschreibungen um und synchronisiere so den Ausbau der Erneuerbaren mit dem Netzausbau. Die mit der EEG-Novelle beabsichtigte "effiziente" Steuerung der Energiewende sieht jedoch nur platte Deckel denn flexible Ausbauinstrumente vor.
EEG-Vereinbarungen im Überblick
Die vorläufigen Vereinbarungen zur neuerlichen EEG-Reform beinhalten u.a. eng begrenzte Ausschreibungsvolumen für Windenergie: So soll der Ausbau der Windenergie an Land nicht wie zunächst geplant bei 2500 Megawatt, sondern erst bei 2800 Megawatt brutto jährlich gedeckelt werden. Das entspricht in etwa 1000 neuen Windrädern. Zudem sollen Projekte, die bis Jahresende 2016 genehmigt werden, einen Abschlag auf die Vergütung hinnehmen. Weiterhin wird an einer jährlichen Ausschreibungsmenge von 730 Megawatt Offshore-Windkraft festgehalten.
Für den Zubau von Photovoltaikanlagen soll die Freigrenze, ab der PV-Anlagen an der Ausschreibung teilnehmen müssen, nach den Vorstellungen der Politik von 1.000 kW auf 750 kW gesenkt werden. Deutschland soll zudem in zwei Netzausbauzonen in Nord und Süd eingeteilt werden und in Norddeutschland der Ausbau der Windenergie an Land auf rund 60 Prozent begrenzt werden.
Die Effekte von Ausschreibungen auf die Energiewende
Diese Deckelungen werden allesamt mit den angeblich durch die EEG-Umlage steigenden Stromkosten und dem fehlenden Stromnetzausbau begründet. Dabei ist unter Fachleuten der Erneuerbaren-Branche klar, dass Ausschreibungen den Strompreis nicht verbilligen werden. In anderen Ländern führten Ausschreibungen sogar zu einem weiteren Kostenanstieg. Zudem besteht die Gefahr, dass durch die Ausschreibungen selbst die gedeckelten Ausbauziele nicht erreicht werden, da eine Ausschreibung alleine nicht garantieren kann, dass der Zubau auch wirklich stattfindet.
Ausschreibungen haben jedoch noch einen weiteren negativen Nebeneffekt. Denn Ausschreibungen bremsen auch das bisher große Engagement der kleinen und mittleren Unternehmen und die "Energiewende in Bürgerhand" aus. Durch Ausschreibungen wird der Wettbewerb im Energiemarkt schwer eingeschränkt, weil mittelständische und kommunale Akteure die hohen Kosten der Ausschreibungen nicht tragen können und aus dem Markt gedrängt werden. Die früher marktbeherrschenden Energiekonzerne und Großinvestoren können mit Ausschreibungen den „Markt“ wieder unter sich aufteilen.
Konventionellen Kraftwerke verstopfen die Netze, nicht die Erneuerbaren
Der Stromnetzausbau wird zudem als vordergründiges Argument gegen den weiteren Ausbau der Erneuerbaren instrumentalisiert. Denn nicht die Erneuerbaren verstopfen die Netze, sondern die konventionellen Kraftwerke. Damit wird das Problem der hohen Überkapazität an unflexiblen Atom- und vor Allem Kohlekraftwerken nicht gelöst, sondern nur verschoben. Den großen Energiekonzernen ist damit nicht geholfen, denn der Bestand an Erneuerbaren hat bereits eine kritische Größe erreicht, deren Einfluss nicht durch eine Begrenzung des weiteren Ausbaus erneuerbarer Energien verhindert wird.
Denn die Ursache für steigende Stromkosten und mangelnde Netzkapazitäten sind vielmehr an der Strombörse und dem weiteren Betrieb von klimaschädlichen Kohlekraftwerken zu sehen. Wirkliche Kostensenkungen sind nur durch den Abbau des Stromangebotsüberschusses im Bereich der Kohle zu realisieren. Doch gerade in diesen Feldern wird politisch nichts unternommen. Im Gegenteil. Die unflexiblen Kohlekraftwerke bekommen noch eine Prämie bis zur Ausmusterung. Insgesamt erhalten Mibrag, RWE und Vattenfall bis zur Stilllegung ihrer Kohlekraftwerke 1,61 Mrd. Euro. Dieses Geld wäre sicherlich besser in der Förderung der Vielzahl an alternativen Technologien im Speicherbereich, der Wärmewende oder Elektromobilität angelegt.