AVV-Novellierung führte zu Entsorgungsengpässen
Seit der Novellierung der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) Anfang März 2016 waren die Vorgaben für die Entsorgung von Polystyrol-Dämmstoffplatten, die das Flammschutzmittel HBCD enthalten, neu geregelt. Abfälle, die persistente organische Schadstoffe (POPs) wie das HBCD enthalten, mussten demnach so verwertet werden, dass die darin enthaltenen POPs zerstört oder unumkehrbar umgewandelt werden.
Dies betraf seit 1. Oktober 2016 solche Kunststoffe, deren HBCD-Gehalt größer oder gleich dem HBCD-Grenzwert von 1000 mg/kg ist. Die seit 1.Oktober 2016 als „gefährliche Abfälle" gekennzeichneten Abfälle müssen danach getrennt gesammelt und entsorgt werden. Diese Regelung ging in Teilen über das vom EU-Abfallrecht geforderte Maß hinaus.
In der Folge kam es daraufhin zu Entsorgungsengpässen aufgrund von Anlaufschwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Regelung. Dem trug die Bundesregierung zunächst mit einer Änderungsverordnung zur Abfallverzeichnis-Verordnung Rechnung.
Moratorium stufte HBCD-haltiges Polystyrol zunächst als nicht gefährlich ein
So beschloss der Bundesrat in seiner Sitzung am 16. Dezember 2016 ein Moratorium für die Einstufung von HBCD-haltigen Dämmstoffen als gefährlicher Abfall. Laut Verordnungstext in Artikel 2 galt das Moratorium bis zum 30. Dezember 2017. Damit wurde HBCD-haltiges Polystyrol (PS) als „nicht gefährlicher Abfall” eingestuft und erst ab dem 31. Dezember 2017 wieder als „gefährlicher Abfall“ zurückgestuft. Aufgrund des Moratoriums konnten Einschränkungen für die Entsorgung dieser Abfälle in Anlagen zur Vorbehandlung und zur abschließenden energetischen Verwertung zunächst aufgelöst werden.
Während dieses Moratoriums hat der Bund zusammen mit den Ländern den Entwurf einer Verordnung erarbeitet, die die Grundlage dafür schafft, den Verbleib HBCD-haltiger Dämmstoffe über das Abfallnachweisverfahren nachzuweisen, ohne dass diese Abfälle als gefährlich eingestuft werden müssen. Ziel war es, ohne größeren Genehmigungsaufwand HBCD-haltige Abfälle mit anderen Abfällen so zu mischen, dass diese mit einem geeignet eingestellten Brennwert in Abfallverbrennungsanlagen entsorgt werden können.
Nachweisverfahren soll Lebenszyklus eines HBCD-Produkts dokumentieren
Durch die nunmehr verabschiedete POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung ist eine dauerhafte Entsorgungslösung für HBCD-haltige Dämmplatten sicher gestellt. Das im Rahmen der Verordnung vorgesehene Sammelentsorgungsnachweisverfahren können Betriebe, die HBCD-haltige Dämmstoffe zurückbauen, mit Hilfe eines Übernahmescheins vom Entsorger führen.
Konkret bedeutet dies, dass jeder Schritt von der Erzeugung über Transport, Verwertung bis zur Entsorgung zu belegen ist. Dies soll eine lückenlose Dokumentation des Lebenszyklus eines HBCD-Produkts gewährleisten und verhindern, dass HBCD-Baustoffe unsachgemäß oder illegal entsorgt werden. Damit hält sich für die Betriebe des Bau- und Ausbaugewerbes der bürokratische Aufwand in Grenzen und die vom Gesetzgeber geforderte gesicherte Entsorgung und Ausschleusung dieser Abfälle ist gewährleistet.
Höhere Kosten für getrennte Sammlung befürchtet
Das Baugewerbe befürchtet jedoch, dass die nun geforderte getrennte Sammlung der HBCD-haltigen Dämmplatten, die dann zur Verbrennung wieder mit dem Hausmüll vermischt werden, zu höheren Kosten führen kann und die Entsorgung insgesamt für Investoren und Verbraucher wieder teurer würde.
Um der Problematik Herr zu werden, empfehlen Dämmstoffhersteller, eingefärbte Polystyrolprodukte einzusetzen. Diese ließen sich aufgrund der Farbgebung makroskopisch unterscheiden. Somit ließen sich die anfallenden PS-Abfälle sowohl im Werk als auch auf der Baustelle leicht separieren und können wieder dem Recycling zugeführt werden.