Die mit Spannung erwartete Entscheidung im Vermittlungsausschuss über den Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung energetischer Sanierungen kam nicht zustande. Die Beratungen wurden auf den 22. November verschoben. Diese Verzögerung führt zur weiteren Verunsicherung von Sanierungswilligen und Aufschub von Aufträgen. Unternehmen und Branchenverbände fordern deshalb nachdrücklich, endlich eine verbindliche Entscheidung zu treffen.
Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen machte diesbezüglich die aktuell schwierige Steuerrechtslage für energetische Sanierungen deutlich: Neben der Einschränkung durch den § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, der es nach dem Neuerwerb einer Immobilie dem Eigentümer verwehrt, Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen – also auch für energetische Sanierungen – innerhalb von drei Jahren sofort geltend zu machen, werden diese auch durch die Erhebung der Grundsteuer gehemmt. "Werden beispielsweise Dämmung, Fenster und Heizungsanlagen verbessert oder gar ersetzt, führt dies zu einer Wohnwertverbesserung", so Ira von Cölln, BFW-Bundesgeschäftsführerin. Mit der Begründung der Wertfortschreibung werde das zuständige Finanzamt die Grundsteuer für dieses Objekt erhöhen. "In einem aktuellen Fall betrug bei einem Mehrfamilienhaus mit 114 Wohneinheiten die Grundsteuer für 2009 noch 10.000 Euro. Nach der energetischen Sanierung wies der Grundsteuerbescheid für 2010 eine Grundsteuer von 18.000 Euro aus. Der Vermieter wurde also für seine Absicht, das Objekt energieeffizienter zu gestalten, mit der erheblichen Erhöhung der Grundsteuer bestraft", so von Cölln weiter. Da die Grundsteuer auf die Mieter umgelegt wird, steigen die Mietnebenkosten an. Das Ziel, dass der Mieter durch energetische Sanierung Nebenkosten spart, wird durch die aktuelle Steuerrechtslage konterkariert.
Nach Ansicht des Handwerks soll der Vermittlungsausschuss die Verunsicherung der Investoren bei der energetischen Gebäudesanierung beenden. Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) unterstrich: "Die parteiübergreifend beschlossene Energiewende kann im Gebäudebereich nur durch einen Instrumentenmix aus steuerlicher Förderung und bewährter KfW-Förderung gelingen." Die Chancen sollten nicht durch "kleinliches Gezänk" verspielt werden.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) weist darauf hin, dass das bisher diskutierte Steuermodell in seiner gesamten Ausgestaltung zu kurz greift: "Bislang würde der Vorschlag der Bundesregierung nur Vollsanierungen mit einer hundertprozentigen Abschreibungsmöglichkeit fördern", gibt Martin Bentele, Sprecher der AG Wärme im BEE zu bedenken. Wegen des hierfür erforderlichen extrem hohen Investitionsaufwandes von rund 50.000 bis 100.000 Euro für ein typisches Einfamilienhaus würde dieses Modell aber nur 3 bis 5 Prozent der Bevölkerung erreichen und daher eine soziale Schieflage erzeugen. "Deshalb muss eine Steuerabschreibung auch schon für den alleinigen Ersatz einer fossilen Heizung durch erneuerbare Wärmequellen wie Pelletheizung, Umweltwärme und Solarthermie möglich sein", fordert Bentele. Der BEE schlägt aus diesem Grund ein Modell vor, das auch Teilsanierungen fördert. Diese erreichen bei einem Investitionsaufwand von 15.000 bis 30.000 Euro bereits CO2-Einsparungen von 30 Prozent und mehr. Die degressive Ausrichtung des Modells stellt zusätzlich sicher, dass der Prozess der energetischen Modernisierung direkt nach Inkrafttreten beginnt und Innovationen sowie Kostensenkungen über die mehrjährige Laufzeit des Programms realisiert werden. Bentele: "Unser Vorschlag führt unterm Strich zu deutlich geringeren Steuerausfällen und sollte für die Länder daher ein gangbarer Weg sein." Bei einer Gesamtbetrachtung sind insgesamt sogar Mehreinnahmen für den Fiskus zu erwarten, da die investitionsbedingten höheren Steuereinnahmen die Mindereinnahmen der Abschreibung mehr als kompensieren.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert ebenfalls eine schnelle Einigung über die steuerliche Erleichterung der Gebäudesanierung: "Bund und Länder stehen in der Verantwortung, den gordischen Knoten zu zerschlagen", erklärt vzbv-Vorstand Gerd Billen. Der vzbv hält die Steuererleichterungen für eine sinnvolle Ergänzung der bestehenden Förderprogramme. "Wir erwarten, dass auch die Länder ihren Beitrag leisten, um den Investitionsstau aufzulösen", so Billen. Die steuerliche Förderung sollte anhand der tatsächlichen Steuerlast berechnet werden, nicht an dem zu versteuernden Einkommen, da dies Bezieher höherer Einkommen unverhältnismäßig bevorzugen würden. Zudem hält der vzbv es für erforderlich, die Förderbeträge zu deckeln.