Letzte Aktualisierung: 19.10.2017

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Klage auf Überprüfung der Netzentgelte gescheitert

Das Energie-Unternehmen LichtBlick hatte in Karlsruhe für sein Grundrecht auf eine wirksame gerichtliche Überprüfung der Netzentgelte geklagt. Diese Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Laut LichtBlick hat das Bundesverfassungsgericht damit die Rechte der Nutzer von Strom- und Gasnetzen geschwächt.

Die Entgelte der 1500 Strom- und Gasnetzbetreiber werden von der Bundesnetzagentur bzw. den zuständigen Landesbehörden genehmigt. Netznutzer wie LichtBlick können bei Zweifeln an der festgelegten Gebührenhöhe eine gerichtliche Prüfung verlangen. Zuletzt allerdings hatte der Bundesgerichtshof die Hürden für die rechtliche Überprüfung genehmigter Netzentgelte jedoch deutlich erhöht. Dagegen hatte LichtBlick Verfassungsbeschwerde eingelegt, weil das Unternehmen seine Grundrechte verletzt sieht. Im konkreten Verfahren hatte LichtBlick in vier Fällen gegen überhöhte Netzentgelte der RWE-Töchter Westnetz und Mitnetz geklagt.

Laut dem Bundesverfassungsgericht hat Lichtblick in den Ausgangsverfahren erfolglos auf Rückzahlung von zu viel bezahlten Netzentgelten geklagt und mit ihren Verfassungsbeschwerden geltend gemacht, durch die zivilgerichtlichen Entscheidungen in ihren Grundrechten verletzt worden zu sein. Die Verfassungsbeschwerden sind bereits unzulässig, da die Beschwerdeführerin eine mögliche Grundrechtsverletzung nicht substantiiert dargelegt hat, so das Bundesverfassungsgericht. Daher hat das die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgericht mit dem Beschluss vom 26. September 2017 (1 BvR 1486/16, 1 BvR 2491/16, 1 BvR 2490/16, 1 BvR 1487/16) die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen.

„Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist eine schlechte Nachricht für Deutschlands Stromkunden und die Energiewende. Die Finanzierung der Strom- und Gasleitungen bleibt auch in Zukunft eine Blackbox. Eine wirksame rechtliche Kontrolle der Netzkosten ist nicht möglich. Leider lässt das Gericht keine Bereitschaft erkennen, sich mit der unbefriedigenden Regulierungspraxis in Deutschland auseinanderzusetzen“, sagt Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft von LichtBlick.

„Alle vorgesehenen Rechtsinstrumente zur Kontrolle der Netzentgelte durch die Netznutzer sind stumpfe Schwerter: Beiladungsersuche zu den behördlichen Genehmigungsverfahren werden regelmäßig abgelehnt. Genehmigungsbescheide werden ausschließlich geschwärzt veröffentlicht. Und die zivilrechtliche Kontrolle ist durch die Rechtsprechung massiv eingeschränkt. Leider haben die Karlsruher Richter sich nicht mit diesen Mängeln der gängigen Regulierungspraxis beschäftigt. Offenbar ist eine wirksame Kontrolle der Netzentgelte nicht erwünscht“, erläutert Lücking.

Folgende Gründe für das Bundesverfassungsgericht in einer Pressemitteilung an:

1. Nach Inkrafttreten der Anreizregulierungsverordnung kommt den Verfassungsbeschwerden schon keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Für außer Kraft getretenes oder geändertes Recht besteht im Regelfall kein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse, seine Verfassungsmäßigkeit zu klären, selbst wenn die strittigen verfassungsrechtlichen Fragen noch nicht durch das Bundesverfassungsgericht entschieden worden sind.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerden ist nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben.

a) Die Beschwerdeführerin setzt sich nicht zureichend mit den angegriffenen Entscheidungen auseinander. Die konkrete und substantiierte Auseinandersetzung mit allen wesentlichen Erwägungen kann nicht durch pauschale Verweise auf die den Verfassungsbeschwerden beigefügten Schriftsätze aus den Ausgangsverfahren ersetzt werden. Zumal die Schriftsätze ganz überwiegend nur eine Wiederholung der eigenen Argumentation der Beschwerdeführerin enthalten, ohne aufzuzeigen, inwieweit die gerade mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen ihre Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte verletzen könnten.

b) In der Sache lässt der Vortrag der Beschwerdeführerin eine mögliche Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht hinreichend substantiiert erkennen.

aa) Die Beschwerdeführerin hat insbesondere nicht aufgezeigt, dass die konkret von ihr verlangten Darlegungen zur Erschütterung der Indizwirkung der Entgeltgenehmigungen und die an die Substantiierung gestellten Anforderungen auf sachfremden Erwägungen beruhen und eine unter keinen Umständen mehr zu vertretende Auslegung des § 315 Abs. 3 BGB darstellen könnten.

bb) Darüber hinaus zeigt die Beschwerdeführerin das behauptete Informationsungleichgewicht nicht hinreichend substantiiert auf. Sie legt insbesondere nicht dar, welche konkreten Informationen ihr aus den Genehmigungsbescheiden oder anderen Zusammenhängen bekannt waren, welche Angaben in den Genehmigungsbescheiden geschwärzt waren und inwieweit deren Kenntnis für ihren Tatsachenvortrag notwendig gewesen wären, um die Indizwirkung zu erschüttern. Auch hat sich die Beschwerdeführerin mit entgegenstehenden Rechten wie dem Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beklagten Netzbetreiberinnen nicht in der gebotenen Tiefe auseinandergesetzt.

cc) Soweit die Beschwerdeführerin rügt, der Bundesgerichtshof habe den Justizgewährungsanspruch dadurch verletzt, dass er konkreten Sachvortrag in ihren Revisionsbegründungen beziehungsweise ihren Nichtzulassungsbeschwerden nicht berücksichtigt habe, verkennt sie, dass der Bundesgerichtshof als letztinstanzliches Gericht verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden. Soweit die Beschwerdeführerin in der angenommenen Indizwirkung der Entgeltgenehmigung eine Erschwerung ihres Zugangs zu den Gerichten sieht, gelingt es ihr nicht, eine mögliche Verletzung von grundrechtsgleichen Rechten schlüssig aufzuzeigen.

Hintergrund:

Mit dem im Jahr 2005 in Kraft getretenen Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (EnWG) wurde der Wechsel zum System eines staatlich regulierten Netzzugangs vollzogen. Entgelte für den Netzzugang bedurften seither einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Regulierungsbehörde (§ 23a Abs. 1 EnWG). Die genehmigten Entgelte waren Höchstpreise, die nur unter besonderen Voraussetzungen überschritten werden durften. Diese rein kostenbasierte Regulierung der Stromnetzentgelte ist mit der im Jahr 2009 eingeführten Anreizregulierung weitgehend entfallen.

Die Entgelte für die Stromleitungen zahlen Haushalte und Industrie über ihre jährliche Stromrechnung. Die Netzentgelte sind in den letzten Jahren trotz Regulierung deutlich gestiegen. Sie sind heute der größte Einzelposten auf der Stromrechnung. Ein Durchschnittshaushalt zahlt 2017 rund 287 Euro für das Netz – das entspricht etwa einem Viertel der gesamten Stromkosten. Pro Jahr fließen schätzungsweise 18 bis 22 Milliarden Euro in die Kassen der Netzbetreiber. Die genauen Kosten sind aufgrund der intransparenten Regulierungspraxis nicht bekannt.

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