Letzte Aktualisierung: 21.05.2022
Deutschland ist traditionelles Fachwerkland. Die ältesten Fachwerkhäuser, die heute hierzulande zu finden sind, stammen bereits aus dem 14. Jahrhundert. Die meisten Fachwerkbauten sind jedoch jünger und wurden im 18. und 19. Jahrhundert erbaut, indem hölzerne Fachwerk-Konstruktionen aus Balken und Lehm auf ein gemauertes Erdgeschoss aufgesetzt wurde. Das Dach wurde mit Stroh gedeckt. Ein solches Fachwerkhaus von außen zu dämmen ist aus vielen Gründen häufig nicht möglich. Daher müssen die allermeisten Fachwerke von innen gedämmt werden.
Typisch für eine Wand im Fachwerk ist, dass sie alles andere als gerade ist. Während eine herkömmliche Steinwand gern als homogener Untergrund für eine Innendämmung bezeichnet wird, ist eine Fachwerkswand aus verschiedenen Baumaterialien gearbeitet, unter anderem häufig aus Holz, Lehm und Putz. Jedes dieser Materialien bringt seine spezifischen Werkstoffeigenschaften in das Fachwerk ein.
Es gibt keine geschlossene Fläche, sondern viele sogenannte Gefache zwischen den sichtbaren oder unsichtbaren, unter Putz liegenden, Balken aus Holz. Jedes der genannten Materialien reagiert auf seine Weise mit den Standortbedingungen. Der Lehm, verputzt oder unverputzt, reagiert anders auf Feuchtigkeit als die Holzbalken: die unterschiedliche Ausdehnung bei Feuchtigkeit und das unterschiedliche Schrumpfen bei Trockenheit führen nicht selten zu Rissen zwischen Gefach und Balken. Fachleute sagen dazu, dass die Wand „arbeite“, was das Sanieren eines Fachwerkhauses deutlich erschwert.
Für die Innendämmung stellt das auf diese Weise „arbeitende“ Fachwerk eine große Herausforderung dar, denn ihr Ziel ist eine geschlossene Schicht Dämmmaterial, damit die Wärme im Fachwerkhaus bleibt.
Eine Fachwerk-Wand transportiert aufgrund der für sie typischen Materialien Holz und Lehm eine ganze Menge Feuchtigkeit. Und zwar in beide Richtungen. Das ist einerseits ein Vorteil, der insbesondere dem Lehm als ökologischer Pluspunkt zugeschrieben wird. In Sachen Dämmung ist das eine handwerkliche Herausforderung.
Denn herkömmliche Dämmmaterialien, die sich in der Innendämmung bei Alt- und Neubauten bestens bewährt haben, zum Beispiel Polystyrol-Hartschaum (EPS, bekannte Handelsmarke: Styropor) oder Mineralwolle, können im Vergleich zum Lehm-Holzgemisch in den Gefächern (die Gefächer wurden traditionell mit Ästen bestückt und dann mit einem Lehm-Stroh-Gemisch ausgefüllt) relativ wenig Feuchtigkeit aufnehmen, ohne dass sie an Dämmwirkung verlieren.
Ganz zu schweigen von den interkapillaren Eigenschaften: Die Feuchtigkeit würde nicht gleichmäßig über die Oberfläche des Dämmstoffs verteilt werden. Und entsprechend unregelmäßig verdunsten. Während die Dämmschichtoberfläche an der einen Stelle schon trocken wäre, wäre sie an der anderen noch feucht.
Experten empfehlen zum Beispiel die sogenannte Holzweichfaserplatte als Dämmstoff zur Dämmung von Fachwerk. Sie erfülle demnach sowohl die Ansprüche an die Aufnahme von Feuchtigkeit (Feuchtigkeitsspeicherung) als auch an die Kapillaraktivität sehr gut – und komme in Verbindung damit immerhin noch auf eine Dämmwirkung, nach der sich der Dämmstoff in die Wärmeleitfähigkeitsgruppen (kurz: WLG) 055 bis 040 einordnen lässt.
Gleichzeitig sei die Holzweichfaserplatte – und das mag den einen oder anderen überraschen – recht unempfindlich gegenüber eindringender Feuchtigkeit. Aber: Dafür koste die Dämmung mit der Holzfaser sehr viel mehr als Mineralwolle (und die ist schon teurer als Styropor): Für Holzfaserweichplatten müsse man demnach mit dem drei- bis vierfachen Preis rechnen, der für Mineralwolle zu bezahlen ist.
Als Alternativen zur Holzleichtfaserplatte werden sogenannte Leichtlehmziegel oder eine Schilfrohrdämmung diskutiert. Letztere insbesondere als Innendämmung fürs Fachwerk. Zwar würden diese beiden Dämmstoffe lange nicht so gut dämmen wie die zuerst beschriebene Alternative Holzweichfaser, aber dafür nutzt man mit Lehm ja einen der traditionellen Baustoffe des Fachwerks – der sich jahrhundertelang dort bewährt hat. Preislich liegen Lehmziegeldämmung und Schilfrohrdämmung auf etwa gleicher Höhe – bei gleichen Dämmwerten wohlbemerkt – und gar nicht so weit entfernt von der Holzfaserdämmung.
Als Alternative oder zusätzliche Maßnahme wird zur Dämmung von Fachwerk dieses häufig auch von Innen mit einem wärmedämmenden Mörtel ausgespritzt. Dabei wird bei Putzdicken von über 60 mm mehrlagig gearbeitet. Der Fachwerk-Holzriegel selbst wird vor dem Innendämmen mit einem Schutzanstrich versehen und Trapezleisten mit Fugendichtband allseitig im Gefach ringsum befestigt. Rückseitig oder in der Gefachemitte wird vor dem innenseitigen Verfüllen des Fachwerks mit dem Dämmmörtel eine Putzträgerplatte befestigt.
Fachleute sagen über das Dämmen von Fachwerk, dass man sich von vornherein von Vorstellungen über sehr große Dämmstoffdicken verabschieden könne, die man aus dem Neubau oder "normalen" Altbau gewohnt sei. Holzfaserdämmschichten seien im Fachwerk zwischen fünf und zehn Zentimetern stark. Wer allerdings eine Wandheizung betreibe, könne auch dickere Schichten aufbringen.
Grundsätzlich sollte die Innendämmung beim Fachwerk aber nicht zu dick werden, damit immer noch Wärme von innen ins Mauerwerk eindringen und die von außen über Fugen zwischen Fachwerkbalken und Putzfeldern eingedrungene Feuchtigkeit abtrocknen kann. Aus diesem Grund berücksichtigt auch das aktuelle Gebäudeenergiegesetz (GEG)energetische und bauliche Besonderheiten von Fachwerk in ihrem Reglement – dennoch sind die fürs Dämmen von Fachwerk vorgeschriebenen Dämmwerte ziemlich schwer zu erzielen.
Anders als bei der Innendämmung im Neu- oder herkömmlichen Altbau verzichtet man bei der Innendämmung von Fachwerk auf eine innenseitigangebrachte Dampfbremse beziehungsweise Dampfsperre. Letztere wäre einerseits zwar ideal, andererseits könne ihre Funktionalität, insbesondere die Unversehrtheit nicht garantiert werden, da das Fachwerk – wie eingangs geschildert – im stetigen Wechsel der Klimasaison auch stetig „arbeitet“. Und eine defekte Dampfsperre ist für das Fachwerk meist schädlicher als keine.
Der konkrete Aufbau einer Innendämmung des Fachwerks könnte so aussehen:
Fachwerkhäuser von Innen zu dämmen ist eine komplexe, diffizile Arbeit, die Hausbesitzer unbedingt dem ausgewiesenen Experten überlassen sollten. Wird die Innendämmung nämlich falsch ausgeführt, sind Schäden unvermeidlich. Fachwerkhaus-Besitzer sollten sich in jedem Fall vorab genau beraten lassen, was am besten zum Haus passt. Oft spricht auch der Denkmalpfleger mit. Dann muss nicht immer die Innendämmung des Fachwerks die erste Wahl sein, sondern unter Umständen sind neue Wärmeschutzfenster, eine Dachdämmung oder eine energieeffiziente Heizung viel effektivere Energiesparinvestitionen.