Letzte Aktualisierung: 11.01.2019
Unter einer mitteltiefen bzw. tiefen Erdwärmesonde versteht man eine Tiefbohrung von 500 bis 3.000 Metern, in die ein Wärmetauscherrohr koaxial eingehängt wird. Im Ringraum zwischen Innen- und Außenrohr (Casing) fließt die Wärmeträgerflüssigkeit (z. B. Wasser oder Gemische mit z. B. Ammoniak) nach unten und erwärmt sich dabei konvektiv. Über das wärmeisolierte Innenrohr steigt das nun warme Wasser wieder an die Oberfläche. Der große Vorteil einer Tiefe Erdwärmesonden ist, dass sie nicht auf durchlässige (permeable) Grundwasserleiter wie bei der hydrothermalen Nutzung der Tiefen Geothermie angewiesen ist. Denn im Falle eines solchen geschlossenen Einbohrlochsystems erfolgt die hydrothermale Nutzung nur über eine Produktionsbohrung. Das geförderte Wasser muss damit nicht in den Untergrund reinjiziert. Dies ist zum Beispiel bei balneologischer Nutzung der Fall. Für das Verfahren bieten sich wegen der hohen Investitionskosten bereits vorhandene Tiefbohrungen an.
Das Funktionsprinzip einer Erdwärmesonde beruht auf dem konduktiven Wärmetransport aus dem Gestein in die Bohrung. Dadurch erwärmt sich das Wasser innerhalb der Bohrung auf dessen Weg in die Tiefe. Am tiefsten Punkt der Bohrung angekommen, kehrt sich die Fließrichtung um, so dass das nun das erhitzte Wasser durch ein zentral in der Bohrung installiertes Förderrohr wieder an die Oberfläche gelangt. Dort kann es über einen Wärmetauscher seine Energie abgeben. Vom Sondenaustritt gelangt das warme Fluid in die oberirdische Nutzungsanlage, wo es auf ca. 15 °C ausgekühlt und mit einer Sondenkreispumpe wieder in den Ringraum zurückgeführt wird. Durch den Wärmeentzug kühlt sich das Umgebungsgestein etwas ab; es entsteht ein horizontaler Temperaturgradient, der das Nachfließen von Wärme aus der weiteren Umgebung zur Folge hat.
Bei einer Tiefe bzw. Mitteltiefe Erdwärmesonde handelt es sich um einen geschlossenen Wasserkreislauf. Ein Eindringen von stark salzhaltigem Formationswasser ist damit ebenso ausgeschlossen, wie das Ausfließen von neutralem Bohrungswasser aus der Erdwärmesonde. Das äußere Stahlrohr ist dabei durch einen Spezialzement mechanisch fest mit dem umgebenden Gestein verbunden und dichtet die Bohrung nach außen ab. Sobald die Temperatur des umgebenden Gesteins größer ist als die des in der Sonde zirkulierenden Wassers, wird es durch die Stahlwandung hindurch erwärmt. Die Wasserzirkulation wird über eine Pumpe gesteuert, wobei die natürliche Konvektion aufgrund des Dichteunterschieds von kaltem und heißem Wasser die Zirkulation erheblich unterstützt.
Die thermische Leistung einer Erdwärmesonde wird von geologischen Randbedingungen wie dem regionalen Wärmefluss sowie dem konvektiven und konduktiven Wärmetransport beeinflusst. Im Gegensatz zu diesen, für einen Nutzungsstandort unveränderlichen Faktoren, kann durch die technische Ausführung der Erdwärmesonde und das Nutzungskonzept Einfluss auf die maximale Leistung und die jährlich gewinnbare Wärmemenge genommen werden.
Die Entzugsleistung wächst quasi linear mit der Vergrößerung des Bohrungsquerschnittes, jedoch sind auch die allseitige Ankopplung der Sonde an das Gebirge und das nicht laminare Fließen des Wärmeträgermediums in der Erdwärmesonde Leistung bestimmend. Die Bedeutung des technischen Nutzungskonzepts wurde bisher weitgehend unterschätzt. Die Leistung einer Erdwärmesonde wächst mit sinkender Abnahmetemperatur und steigendem Volumenstrom.
Daher lässt sich durch die Kombinationen einer Tiefe Erdwärmesonde mit niedertemperierten Betonkernaktivierungen oder Flächenheizsystemen die Leistung ebenso steigern wie durch den Einsatz von Großwärmepumpen (wie z.B. in Prenzlau). Je nach dem gewählten technischen Konzept kann die Leistung auch durch eine diskontinuierliche Nutzung mit kurzen Regenerierungsphasen oder durch den Einsatz von Wärmespeichern gesteigert werden. Die durchschnittliche Entzugsleistung im Teufenbereich der (positiv) wirksamen Wärmetauscherfläche variiert in Abhängigkeit der Endteufe und den obigen Faktoren zwischen 200 und 350 W/m Bohrteufe.
Eine 3.500 Meter tiefe Bohrung kann je nach geologischen Gegebenheiten z. B. eine thermische Leistung von rund 800 kW mit Temperaturen von 100°C ergeben. In der Praxis ist eine Tiefe Erdwärmesonde 30 bis 40 Jahre nutzbar. Außer dem benötigten Strom der Förderpumpe (10 kW) ist die Wärmeversorgung vollkommen autark, preisstabil und CO2-frei. Dazu ist sie gegenüber Erdsondenfeldern Platz sparend und ohne Wärmepumpeneinsatz nutzbar.
Die konventionelle Wärmeerzeugung aus Öl oder Gas kann mit reinen Gestehungskosten von etwa 8 Cents pro kWh beziffert werden. Da die Wirtschaftlichkeit der Tiefe Erdwärmesonde durch die Investition dominiert ist, sinken die Gestehungskosten mit zunehmender Betriebsdauer. Eine typische Grundlastwärmeerzeugung durch die Tiefe Erdwärmesonde würde also die herkömmlichen Kosten um die Hälfte auf etwa 2,5 Cents pro kWh reduzieren.
Um die Leistung einer Tiefe Erdwärmesonde zu optimieren, kommt insbesondere der thermischen Konzeption des Steigrohrs besondere Bedeutung zu. Gerade im oberen Teil des Steigrohres müssen Wärmeübergänge vom Innen- zum Außencasing vermieden werden. Trotz dieser Auslegung muss parallel die Zugfestigkeit gewährleistet sein und Pumpendrücke minimiert werden. Gelingt es nicht ein solches thermisch optimiertes Steigrohr zu installieren, ist davon unmittelbar die Wirtschaftlichkeit der Sonde betroffen.
Tiefe Erdwärmesonden müssen aufgrund der hohen Bohrkosten zwangsläufig zur Grundlastwärmebereitstellung eingesetzt werden. Und selbst diese Auslegung gelingt wirtschaftlich nur unter den geltenden Förderbedingungen. Ohne die Bohrmeter- und Leistungszuschüsse des Marktanreizprogrammes (MAP) ist eine Bohrung in mehr als 2500 Meter Tiefe und die direkte Nutzung der Wärme wirtschaftlich nur eingeschränkt konkurrenzfähig.
Tiefe Erdwärmesonden sind seit Längerem in verschiedenen Ländern im Einsatz (z.B. bei Paris in Frankreich oder in Weggis und Oftringen in der Schweiz). In Deutschland haben u.a. folgende Projekte mediale Aufmerksamkeit erfahren: