Laut Altautoverordnung sollen rund 95 Prozent der Bestandteile eines Autos wiederverwendet bzw. wiederverwertet werden. Für ganz viele Auto-Bestandteile ist diese Recyclingvorschrift bereits möglich. Kunststoffe in Altautos wie z. B. Armaturenbretter, Teppichböden oder Sitzpolster landen bislang jedoch als Mischkunststoffe entweder auf Deponien oder werden mit recht schlechtem Wirkungsgrad in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Der Lehrstuhl für Energie- und Umweltverfahrenstechnik an der Universität Siegen will dies in Zusammenarbeit mit dem Hilchenbacher Unternehmen SiCon nun ändern und ein Verfahren entwickeln, mit dem die Kunststoffteile mit organischen Brennstoffen vermischt und zu einem kugelförmigen Granulat geformt werden, das dann als Brennstoff u. a. in Kraftwerken zum Einsatz kommen könnte.
Ausgangsbasis des Projekts "Innovative Mischbrennstoffgranulate aus Schredderrückständen des Automobilrecyclings und heimischen Energieträgern (ReGran)" sind die beim Schreddern der zu entsorgenden Kunststoffteile anfallenden faserigen Flusen, die dann gemeinsam mit einem organischen Brennstoff wie z. B. Waldrestholz, Sägespäne, Braunkohlestaub, Gummimehl aus Altreifenverwertung, zerkleinerten Energiepflanzen wie Miscantus oder ähnlichem Material in einen beheizten Eirich-Intensivmischer gegeben werden. Durch Drehung des Mischers selbst als auch der Werkzeuge im Inneren des Mischers schmelzen die Kunststofffasern unter elektrisch erzeugter Wärmeeinwirkung von rund 200 °C auf und verbinden sich durch Drehung von Mischbehälter und -werkzeugen mit den anderen zugeführten Brennstoffen. So entsteht ein kugelförmiges Granulat, das dann aus dem Mischer gekippt wird und erkaltet. Die Größe des Granulats kann unter Variation der Temperatur, Drehgeschwindigkeit und Mischungsverhältnis von Kunststoff und Biomasse eingestellt werden.
Bis die Kunststoff-Biomasse-Pellets allerdings als Brennstoff in z. B. Zementdrehöfen oder in Kraftwerken zum Einsatz kommen, liegt aber noch viel Arbeit vor den Siegener Forschern: "Wir müssen erst herausfinden, ob die biogenen Energieträger wirklich nach unseren Vorstellungen eingebunden werden können, wie das optimale Mischverhältnis zwischen Kunststoffflusen und Biomasse aussieht, wie es um die optimale Temperatur im Mischer bestellt ist und um dessen optimale Drehgeschwindigkeit", sagt der Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Krumm. Einen ganz besonderen Vorteil besitzt dieser neue Brennstoff aus Sicht der Wissenschaftler: Durch die Zugabe von Additiva wie beispielsweise Kalkstein erhoffen sich die Forscher, die Schadstoffbildung bei der Verbrennung reduzieren zu können. Zudem könnte sich durch die Vergasung dieses neuen Brennstoffes hochwertiges Produktgas gewinnen lassen, das als Erdgasersatz Verwendung finden oder aus dem Wasserstoff abgetrennt werden könnte.