Der Bund testet im Rahmen eines Pilotprojektes und beim Neubau einer Brücke im Zuge der Bundesstraße 208 in Berkenthin (Schleswig-Holstein) den Einsatz von Erdwärme zur Eisfreihaltung der Fahrbahn. In der gestrigen Sitzung des Niedersächsischen Landtages wurden nun die Fragen diskutiert, welche Erkenntnisse bis jetzt aus dem Pilotprojekt in Schleswig-Holstein vorliegen, ob eine Nutzung von Erdwärme für die Eisfreihaltung von Brücken auch in Niedersachsen möglich seien und welche Möglichkeiten in der praktischen Umsetzung in Niedersachsen bestünden.
Brücken sind insbesondere im Winter bei Temperaturen um und unter dem Gefrierpunkt Gefahrenpunkte. Da die Fahrbahnen der Brückenbauwerke schneller auskühlen als die übrigen Streckenabschnitte, ist insbesondere hier die Gefahr der Eisglätte gegeben, während die angrenzenden Verkehrswege noch gut befahrbar sind. Diese unterschiedlichen Fahrbahneigenschaften, die von vielen Verkehrsteilnehmern offenbar nicht rechtzeitig wahrgenommen werden, sind Auslöser zahlreicher Verkehrsunfälle. Streueinsätze sind nötig, um die Eisfreiheit der Strecke sicherzustellen.
Niedersachsens Verkehrsminister Jörg Bode: Das Problem des Überfrierens von Brücken ist bekannt; es betrifft aber maßgeblich Brücken mit Stahlfahrbahnen und hierbei insbesondere jene, die über Gewässer geführt werden. Von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ist im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) ein Forschungsprojekt "Glättevermeidung durch Nutzung von Geothermie" initiiert worden.
Auf der Elbe-Lübeck-Kanal-Brücke in Berkenthin wird Grundwasser durch in der Fahrbahn verlegte Rohrleitungen gespült. Mit der vom Wasser abgegebenen Wärme wird allerdings keine vollständige Eisfreiheit auf dem Bauwerk angestrebt, sondern es sollen vielmehr auf dem Bauwerk die gleichen Fahrbahneigenschaften wie in den Bereichen vor und hinter der Brücke hergestellt werden.
Mit dem Pilotprojekt wurde die grundsätzliche Machbarkeit nachgewiesen. Zu den Kosten der Anlage und zu den Kosten der aufwändigen Bodenuntersuchungen gibt es keine Informationen. Da die Brücke Berkenthin erst im Jahre 2010 errichtet wurde, konnte eine ausreichende Praxistauglichkeit noch nicht getestet werden. Aussagen zu Dauerhaftigkeit, Instandhaltung und Wartung z.B. von Wärmetauschern und erforderlichem Steuerungssystem liegen ebenfalls nicht vor. Liegen diese Ergebnisse vor, so Bode, könne bei geeigneten Randbedingungen die Nutzung von Erdwärme für die Eisfreihaltung von Brücken auch in Niedersachsen möglich sein.
Bode weiter: Das Land Niedersachsen hat ca. 20 Brücken mit einer Stahlfahrbahn. Davon sind 15 Brücken sogenannte bewegliche Brücken (Klappbrücken und Hubbrücken), an denen eine Verlegung eines Rohrsystems für die Nutzung von Erdwärme nicht möglich ist. Zum Einen ist an diesen Brücken keine ausreichende Belagsdicke vorhanden, zum Anderen muss das System dann so ausgeführt werden, dass eine uneingeschränkte Bewegung der Brücke möglich ist. Wird an den übrigen Brücken mit Stahlfahrbahn ein Unfallschwerpunkt festgestellt, könnte ein System mit Nutzung von Erdwärme bei Nachweis der Wirtschaftlichkeit und Dauerhaftigkeit eine Alternative zu den bisher verwendeten Taumittelsprühanlagen sein.
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr