Die Energiewende umzusetzen bedeutet, Konflikte um neue Stromtrassen, um Windparks und Pumpwasserspeicherwerke mit den Bürgern zusammen zu lösen. Die Energiewende erfordert aber auch im täglichen Leben weitreichende Verhaltensänderungen. Inwieweit Bürger und Kunden bereit sind, diese Veränderungen mitzutragen, soll eine neue Helmholtz-Allianz erforschen. Im Zentrum steht dabei der Nutzer und seine sozialen und individuellen Verhaltens- und Akzeptanzmuster.
In den Industrieländern sind hohe Standards der Energieversorgung mittlerweile als Selbstverständlichkeit etabliert. Die angestrebte Energiewende wird aber dazu führen, dass Verbrauch und Angebot stärker aufeinander abgestimmt und sich bewährte Routinen ändern werden müssen. Das setzt auch veränderte Verhaltensweisen beim Verbraucher voraus. Neuartige Energieinfrastrukturen, wie Transportnetze, Speicher oder intelligente Steuerungseinheiten, verlangen Akzeptanz und funktionsgerechte Nutzung. So erfordert ein intelligentes Stromnetz eine enge Absprache zwischen Versorger und Kunden, inwieweit der Versorger in die Steuerung elektrischer Geräte eingreifen kann. Ohne ausreichende Verständigung kann es zu weitreichenden Konflikten bis hin zur Ablehnung neuer Versorgungsmodelle kommen. Dazu treten Konflikte um den Bau neuer Stromtrassen, um die Errichtung von Pumpwasserspeicherwerken oder Windparks. Die Forschung muss daher die Bereitschaft der Bürger und Kunden berücksichtigen, Veränderungen mitzutragen.
Die neue Helmholtz-Allianz "Zukünftige Infrastrukturen der Energieversorgung – Auf dem Weg zu Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit" erforscht daher die Schnittstellen zwischen Technik, Planung und Verbraucherverhalten und widmet sich vor allem der gesellschaftlichen Bedarfs- und Nutzerseite. Dieser Perspektivenwechsel markiert eine Wende hin zu einer interdisziplinären und ganzheitlichen Energieforschung: Psychologen, Ökonomen, Sozialwissenschaftler, Systemtheoretiker und Geisteswissenschaftler untersuchen gemeinsam mit Technologieexperten die Bedingungen für die Energiewende. Ausdrückliches Ziel der Allianz ist es, neben wissenschaftlicher Erkenntnis auch, Wissen zum Handeln zu entwickeln und Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aktiv in die Forschungsarbeit einzubeziehen. Außerdem soll dazu beigetragen werden, in der breiten Öffentlichkeit ein besseres Verständnis der komplexen Zusammenhänge im Energiebereich zu etablieren.
An der Allianz sind insgesamt acht Forschungseinrichtungen beteiligt: die Helmholtz-Zentren KIT, Forschungszentrum Jülich, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Universitäten Stuttgart, Magdeburg und FU Berlin sowie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. Die Allianz gliedert sich in 17 Projekte die 5 Forschungsfeldern zugeordnet sind.
Die Energieforschung der Helmholtz-Gemeinschaft adressiert Aspekte der Energiewende wie Erneuerbare Energien, Energiespeichertechniken und Netzaspekte. Dabei setzt die Helmholtz-Gemeinschaft eigene Schwerpunkte, zum Beispiel bei der Forschung zur Dünnschichtphotovoltaik, konzentrierenden Solarthermie, Biomassenutzung, tiefen Geothermie, aber auch bei der Weiterentwicklung von Speichersystemen, die im Verbund mit Partnern vorangetrieben wird. Dabei wird die Energieforschung von sozioökonomischer Forschung ergänzt.