Der streckenweise Ausbau des Stromnetzes mit Erdkabeln kann kostenneutral sein, da die Mehrkosten einer Erdverkabelung häufig durch einen schnelleren Netzausbau kompensiert werden können. Damit widerlegt die BMU-Studie "Ausbau elektrischer Netze mit Kabel oder Freileitung unter besonderer Berücksichtigung der Einspeisung Erneuerbarer Energien" das gegen die Teilverkabelung angeführte Kostenargument.
Der vor allem für den Ausbau der Erneuerbaren Energien notwendige Netzausbau führt in der Öffentlichkeit zunehmend zu Diskussionen über die zu verwendende Technik. Dabei gelten Freileitungen als die wirtschaftlichste Option, stoßen allerdings insbesondere wegen der visuellen Beeinträchtigung auf lokalen Widerstand. Eine Alternative zu oberirdischen Leitungen sind im Boden verlegte Erdkabel. Sie werden von Teilen der Öffentlichkeit bevorzugt, was sich gegebenenfalls beschleunigend auf die Genehmigungen vom Netzausbau auswirken kann. Dem gegenüber stehen höhere spezifische Investitions- und Betriebskosten im Vergleich zu Freileitungen.
Die BMU-Studie untersucht den rentablen Einsatz von Freileitungen unter besonderer Berücksichtigung der Einspeisung Erneuerbarer Energien. Dafür wurde der Fokus auf die Ausbauthematik im 380kV-Übertragungsnetz gesetzt. Für die Untersuchung wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie technischen Normen der Übertragungsalternativen (Freileitung/Erdkabel) sondiert und dargestellt. In einer Bestandsaufnahme wurden die aktuelle elektrische Energieübertragung in Deutschland und die Integration von Freileitungen und Erdkabeln in den bestehenden Netzbetrieb betrachtet. Dabei wurde auf deren thermische Übertragungskapazitäten, Umwelteinflüsse, Zuverlässigkeitskennzahlen und deren Auswirkungen auf die Netzschutztechnik eingegangen und eine kurze Abschätzung des Reifegrades der Erdkabeltechnologie unternommen.
Im rein technischen Vergleich besitzt die Freileitung gegenüber der Erdverkabelung einige Vorteile: Sie besitzt eine höhere thermische Übertragungskapazität, kürzere Bauzeiten, und durch einen einfachen Zugriff sind Reparaturen bei einem Störfall schneller durchführbar. Im praktischen Betrieb sind diese Vorteile jedoch zu relativieren. So können Erdkabel zwar ihre Wärme hingegen nur eingeschränkt an den Erdboden abgeben, im realen Betrieb werden Stromtrassen jedoch nie dauerhaft im Bereich der höchsten theoretischen Belastbarkeit betrieben. Darüber hinaus ist je nach Freileitungsvariante die maximale Übertragungskapazität aus netztechnischen Gründen beschränkt. Zudem unterscheiden sich Erdkabel gegenüber Freileitungen durch höhere thermische Überlastbarkeiten, durch welche zeitlich beschränkt höhere Übertragungskapazitäten sichergestellt werden können. Ein Vergleich einzelner technischer Daten, wie der Übertragungskapazität, ist daher zu kurz gegriffen und muss im Zusammenhang des Betriebsregimes des Netzes bzw. des zeitlichen Verlaufs der zu übertragenden Leistungen gesehen werden.
Für die Ermittlung der Nutzenschwelle für den Einsatz von Erdkabeln wurden in einem ersten Schritt verschiedene Freileitungsvarianten (68 km Länge) und deren adäquat teilverkabelte Pendants (60 km Freileitung, 2 Kabelabschnitte mit 3 km und 5 km Länge) ermittelt, sowie deren Investitions- und Verlustkosten berechnet und verglichen. Im Vergleich sind die Investitionskosten der teilverkabelten Trassen um das 1,6 bis 2,4-fache höher als bei der reinen Freileitungslösung. Durch die Teilverkabelung reduzieren sich allerdings die Verlustkosten um ca. 10 %. Unter der Prämisse der höheren Akzeptanz von Erdkabeln, und daher beschleunigten Genehmigung neuer Übertragungstrassen, wurde im zweiten Schritt ein zukünftiger 1-jähriger Netzengpass abgeschätzt und dessen Kosten bewertet. Basierend auf den Untersuchungen der Dena Netzstudie II wurde ein Engpass in Nordwestdeutschland im Jahr 2020 betrachtet. Die Kosten dieses Engpasses wurden dann den jeweiligen Freileitungsvarianten zugeschrieben. In der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung aller Kosten (Investition/ Übertragungsverluste/ Netzengpass) zeigt sich, dass bei einer unterstellten 1-jährigen Beschleunigung des Netzausbaus durch Teilverkabelungen die betrachteten Kosten denen des reinen Ausbaus mit Freileitungen gleichzusetzen sind. Dabei sind die durch den 1-jährigen Engpass zu erwartenden Mehrkosten entscheidend. In den betrachteten Ausbauvarianten überwiegt der zeitliche Vorteil einer Teilverkabelung von Übertragungstrassen gegenüber denen zusätzlicher Investitionskosten.