65-%-EE-Vorgabe überrascht mit E-Heizung-Option, Heizungs-TÜV und 20-Jahres-Gasheizung-Limit
Über 80 Prozent der Wärmenachfrage wird derzeit noch durch die Verbrennung von Öl und Gas gedeckt, die zum allergrößten Teil importiert werden. Im Gebäudewärmebereich dominiert dabei Erdgas, insb. aus Russland. Über 410 TWh Erdgas wurden 2021 zur Deckung der Wärmenachfrage in Gebäuden verbrannt. Dies sind über 40 Prozent des gesamten in Deutschland verbrauchten Erdgases.
Fast jeder zweite deutsche Haushalt heizt mit Erdgas. Bei den neu installierten Heizungen beträgt die Quote sogar 70 Prozent. Die Wärmewende ist daher ein zentraler Schlüsselbereich für die Erreichung der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung und zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energieimporten.
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Nach dem Koalitionsvertrag soll daher jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Koalition bereits am 23. März 2022 entschieden, dass diese Vorgabe möglichst bereits ab dem 1. Januar 2024 für jeden Heizungsaustausch in neuen oder bestehenden Gebäuden gelten soll.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) haben heute eine öffentliche Konsultation zum Umstieg auf erneuerbare Wärme eingeleitet. Ziel ist es, den Zeitpunkt, ab dem neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen, auf den 1. Januar 2024 vorzuziehen.
Zwei-Stufen-Modell berücksichtigt Gebäude-Vielfalt in Deutschland
Die Ministerien schlagen in ihrem Konzept zwei Optionen zur Erreichung des 65%-Ziels vor.
Das Ein-Stufen-Modell
Um die 65-Prozent-EE-Vorgabe für neu eingebaute Heizungen im Neubau als auch im Bestand zu erfüllen, kann man einerseits aus vorgegebenen Heizungsalternativen ohne weiteren Nachweis wählen. Dazu zählen
- Wärmenetze
- Wärmepumpen
- Holzheizungen
- Gasheizungen unter Nutzung von grünen Gasen
- Hybridheizungen
- Stromdirektheizung
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Das Zwei-Stufen-Modell
Bei der zweiten Variante wird ein Zwei-Stufen-Modell vorgeschlagen, bei dem der verpflichtete Eigentümer frei zwischen den auf der ersten Stufe genannten Erfüllungsmöglichkeiten wählen kann und nur der Einsatz von begrenzt verfügbarer Biomasse oder von noch sehr teurem grünem Wasserstoff oder anderen grünen Gasen nachrangig auf einer Stufe zwei erfolgen soll.
Zu den Erfüllungsoptionen auf der ersten Stufe zählen:
- Wärmenetze
- Wärmepumpen
- Hybridheizungen
- Stromdirektheizungen
Sofern diese Erfüllungsoptionen aus technischen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder zulässig sind oder wirtschaftlich zu unvertretbar hohen Kosten führen würden, ist dies durch einen Sachkundigen zu bestätigen, nachdem dieser eine Begutachtung von Heizung und Gebäude vorgenommen sowie ein Beratungsgespräch mit dem Gebäudeeigentümer geführt hat. Dann kann die Pflicht auch erfüllt werden durch den Einbau von Anlagen mit dem direkten Einsatz von
- nachhaltig erzeugtem Biomethan,
- grünem Wasserstoff und dessen Folgeprodukten oder anderen grünen Gasen,
- nachhaltiger fester oder flüssiger Biomasse.
Diese Brennstoffe müssen allein oder in Kombination mit anderen EE-Wärmeerzeugern (Wärmepumpe, Solarthermie, Wärmerückgewinnung) mindestens 65 Prozent der Wärme bereitstellen.
Ausnahmen für Notfälle: Wenns schnell gehen muss, gibt’s 3 Jahre Schonfrist
Daneben soll es auch zahlreiche Ausnahmen geben. Z. B. muss bei „Heizungshavarien“ nicht sofort beim Heizungseinbau, sondern erst innerhalb von drei Jahren nach dem Heizungsaustausch erfüllt werden. Der Eigentümer kann dann auch eine Gas- oder Ölheizung einbauen, die innerhalb von drei Jahren in eine Hybridheizung umgebaut wird. Nach dem Umbau kann dann der Gas- oder Ölkessel für die Spitzenlast genutzt werden, sofern die Grundlast durch eine erneuerbare Heizung gedeckt wird.
Zudem gibt es Ausnahmen für Gasetagenheizungen, Einzelöfen und für in Planung befindliche Wärmenetze.
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Nach 15 Jahren kommt der „Heizungs-TÜV“
Um die Einhaltung der 65-Prozent-EE-Regelung und den Einsatz von erneuerbaren Energien im Rahmen der neuen Heizung vorbereitet zu sein, schlagen BMWK und BMWSB eine verpflichtende Beratung durch einen Sachverständigen (z.B. zertifizierter Energieberater) ab einem Alter der fossilen Heizungsanlage von 15 Jahren vor.
Der GIH Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker Bundesverband e.V. reagierte umgehend und begrüßte den angedachten verpflichtenden „Heizungs-TÜV“.
Maximale Laufzeit von Öl- und Gaskesseln wird auf 20 Jahre schrittweise reduziert
Zudem soll im GEG ab 2026 die maximale Betriebslaufzeit von rein fossilen Erdgas- und Erdölkesseln sukzessiv von 30 auf 20 Jahre begrenzt. Erdöl- und Erdgaskessel, die bis 1996 eingebaut worden sind, dürfen noch bis längstens 2026 betrieben werden.
Für die im Zeitraum von 1996 bis 2024 eingebauten Kessel wird die zulässige Betriebsdauer jährlich von 30 auf 20 Jahre zurückgeführt, d.h. jährlich um einen gleichbleibenden Zeitraum reduziert (jährlich vier Monate). Gasheizungen, die 2006 eingebaut wurden, müssen demnach spätestens im August 2032 stillgelegt werden.
Baujahr | Maximale Betriebsdauer | zulässige Betriebsdauer bis |
---|---|---|
1997 | 29 Jahre 8 Monate | August 2026 |
1998 | 29 Jahre 4 Monate | April 2027 |
1999 | 29 Jahre 0 Monate | Januar 2028 |
2000 | 28 Jahre 8 Monate | August 2028 |
2001 | 28 Jahre 4 Monate | April 2029 |
2002 | 28 Jahre 0 Monate | Januar 2030 |
2003 | 27 Jahre 8 Monate | August 2030 |
2004 | 27 Jahre 4 Monate | April 2031 |
2005 | 27 Jahre 0 Monate | Januar 2032 |
2006 | 26 Jahre 8 Monate | August 2032 |
2007 | 26 Jahre 4 Monate | April 2033 |
2008 | 26 Jahre 0 Monate | Januar 2034 |
2009 | 25 Jahre 8 Monate | August 2034 |
2010 | 25 Jahre 4 Monate | April 2035 |
2011 | 25 Jahre 0 Monate | Januar 2036 |
2012 | 24 Jahre 8 Monate | August 2036 |
2013 | 24 Jahre 4 Monate | April 2037 |
2014 | 24 Jahre 0 Monate | Januar 2038 |
2015 | 23 Jahre 8 Monate | August 2038 |
2016 | 23 Jahre 4 Monate | April 2039 |
2017 | 23 Jahre 0 Monate | Januar 2040 |
2018 | 22 Jahre 8 Monate | August 2040 |
2019 | 22 Jahre 4 Monate | April 2041 |
2020 | 22 Jahre 0 Monate | Januar 2042 |
2021 | 21 Jahre 8 Monate | August 2042 |
2022 | 21 Jahre 4 Monate | April 2043 |
2023 | 21 Jahre 0 Monate | Januar 2044 |
Nach Ablauf der jeweils geltenden Frist müssen die Heizungen ausgetauscht und die Vorgaben der 65-Prozent-EE-Regelung eingehalten werden. Die bisherige Regelung für Ölheizungen wird daher auf Erdgasheizungen ausgeweitet, Ausnahmen werden gestrichen und die Betriebslaufzeit entsprechend begrenzt.