Genau sechs Wochen nach dem Verbot sogenannter stockwerksübergreifender Bohrungen bei der oberflächennahen Geothermie, hat der Baden-Württembergische Umweltminister Franz Untersteller heute angekündigt, das Verbot bald wieder aufzuheben. Nach der Aufhebung ist es grundsätzlich wieder möglich, bei Erdwärmesonden-Bohrungen tiefer als nur bis zum ersten Grundwasserleiter zu bohren. Vorangegangen waren intensive Verhandlungen mit der Geothermiebranche und der Versicherungswirtschaft, in denen es unter anderem um einen ausreichenden Versicherungsschutz der Bohrfirmen ging, insbesondere für den Fall, dass Schäden an umliegenden Häusern in Folge einer Bohrung auftreten und die Schuldfrage zunächst nicht eindeutig zu klären ist.
Das Umweltministerium hatte einen verschuldensunabhängigen Versicherungsschutz zur Bedingung für die Aufhebung der Tiefenbegrenzung gemacht. Nur die Unternehmen, die einen solchen Versicherungsschutz mit einer Deckungssumme von mindestens 1 Million Euro nachweisen können, werden künftig die Freigabe für eine stockwerksübergreifende Bohrung erhalten. Damit soll dafür gesorgt werden, dass unbeteiligte Dritte möglichst schnell entschädigt werden und nicht erst nach einem langen Rechtsstreit. Bohrunternehmen müssen zudem über eine Haftpflichtversicherung in Höhe von mindestens fünf Millionen Euro Deckungssumme verfügen.
Neben dem umfassenderen Versicherungsschutz verlangt das Umweltministerium künftig von der Branche auch die Einhaltung höherer Qualitätsstandards als bisher. Gerade bei den letzten Schadensfällen in Leonberg sei es zu gravierenden Nachlässigkeiten seitens des Bohrunternehmens gekommen, die sich so nicht wiederholen dürften. Das Baden-Württembergische Umweltministerium habe deshalb Leitlinien zur Qualitätssicherung für Erdwärmesonden erarbeitet, die kommende Woche an die unteren Wasserbehörden der Landratsämter und Stadtkreise verschickt werden. Die Leitlinien seien verbindlich und deren Einhaltung werde überwacht, so Untersteller.
In den Leitlinien werden unter anderem die fachlichen und formalen Anforderungen an die Bohrunternehmen und das Bohrpersonal definiert. Wer zum Beispiel als Bohrgeräteführer arbeiten will, muss neben einer Fachausbildung eine mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der oberflächennahen Geothermie nachweisen sowie die Teilnahme an Fort- oder Weiterbildungen. Auch Vorgaben zum Bohrverfahren und zur Ausrüstung auf der Bohrstelle stehen in den Leitlinien. Ebenso werden Anforderungen an die Baustoffe formuliert.
Besonderen Wert wird auf die einwandfreie Abdichtung des Bohrlochs bei stockwerksübergreifenden Arbeiten gelegt. Die Verbindung zweier Grundwasserleiter, also die mangelhafte Abdichtung, war die Ursache zum Beispiel für die Schäden in Leonberg. Bei künftigen Bohrungen muss zum einen eine externe und unabhängige Kontrolle stattfinden, außerdem ist der Abdichtungsvorgang exakt und dem vorhandenen geologischen Untergrund gemäß durchzuführen. Dazu ist die Abdichtung künftig lückenlos automatisch zu überwachen und zu dokumentieren.