Braunkohle-Ausstieg im Rheinischen Revier auf 2030 vorgezogen
Neurath F und G sowie Niederaußem K gehen 8 Jahre früher vom Netz
Im Rheinischen Braunkohlerevier in der Kölner Bucht soll ab 2030 kein Strom mehr aus Braunkohle erzeugt werden. Konkret sieht die Vereinbarung vor, dass die RWE Kohlekraftwerke Neurath F und G sowie Niederaußem K (insgesamt 3000 MW) statt 2038 bereits Ende März 2030 vom Netz gehen.
Darauf verständigten sich Bundeswirtschaftsminister Habeck, Landesministerin Neubaur und die RWE AG, ohne eine zusätzliche Kompensationszahlung zu vereinbaren. Der Braunkohleausstieg kommt damit ganze 8 Jahre früher als bislang geplant und vermeidet das Abbaggern und Verfeuern von 280 Millionen Tonnen Braunkohle und damit rund 280 Millionen Tonnen CO2-Emissionen.
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Neurath D und E bleiben bis zum 31. März 2024 länger am Netz
Aufgrund der aktuellen Energiekrise vereinbarten sie zugleich, Die beiden Kraftwerksblöcke Neurath D und E, die zusammen auf eine Leistung von 1.200 Megawatt kommen und Ende 2022 abgeschaltet werden sollten, bis zum 31. März 2024 am Netz zu lassen. Der Bund erhält zudem die Möglichkeit, bis Ende 2023 über eine Verlängerung oder die Überführung in eine Kraftwerksreserve zu entscheiden. Beides wäre bis zum 31. März 2025 befristet.
Die Umsetzung der Verständigung soll durch die Anpassung des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes ("KVBG"), des öffentlich- rechtlichen Vertrages zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland ("öffentlich-rechtlicher Vertrag") sowie weiterer gesetzlicher Regelungen und Verordnungen gesetzlich und vertraglich verankert werden. Gespräche zur beihilferechtlichen Genehmigung der Maßnahmen durch die Europäische Kommission laufen parallel.
"Mit der Einigung ziehen wir den Braunkohleausstieg im rheinischen Revier um acht Jahre auf 2030 vor. Das ist ein Meilenstein für den Klimaschutz und hilft, die Klimaschutzziele zu erfüllen. Wir müssen uns der Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen stellen: Klimaschutz sichert Freiheit und Wohlstand über den Tag hinaus", sagte der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck.
Solidarische Unterstützung der vom Kohleausstieg betroffenen Beschäftigten
Der frühere Ausstieg aus der Braunkohle als auch die Verlängerung der beiden Kraftwerksblöcke Neurath D und E stellen die RWE AG auch vor personelle Herausforderungen. Einerseits muss für Personal für die Verlängerung gesorgt werden, andererseits muss Personal nun früher freigestellt werden.
Teil der vereinbarten Eckpunkte zwischen der Bundesregierung, dem Land NRW und RWE ist daher auch die solidarische Unterstützung der vom Kohleausstieg betroffenen Beschäftigten. "Den betroffenen Beschäftigten werden wir eine Perspektive bieten", so Robert Habeck.
RWE will Kohle- durch wasserstofffähige Gas-Kraftwerke ersetzen
Um eine sichere Stromversorgung in jedem Fall auch nach 2030 zu gewährleisten, kann die Bundesregierung bis spätestens 2026 entscheiden, ob die letzten Kraftwerke noch bis Ende 2033 in eine Sicherheitsbereitschaft überführt werden. Dazu zählen ein 600 Megawatt-Block sowie die drei modernen BoA-Anlagen, insgesamt rund 3.600 Megawatt Leistung. Sollte eine solche Reserve notwendig werden, ist dafür keine Änderung der Tagebauplanung mehr notwendig und auch die ab 2030 laufende Rekultivierung wird unverändert fortgeführt.
Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit will sich RWE zudem mit rund 3 Gigawatt Kraftwerkskapazität am Bau neuer wasserstofffähiger Gas-Kraftwerke beteiligen. Diese H2-ready Gaskraftwerke sollen dann ab etwa 2030 sukzessive auf Wasserstoff umgestellt werden. Dafür sieht RWE insbesondere bisherige Standorte von Kohlekraftwerken in NRW vor.
Viele Ortschaften bleiben verschont, Lützerath muss Braunkohle weichen
Mit dem Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030 wird die Kohlemenge aus Garzweiler etwa halbiert, so dass im Tagebau Garzweiler der dritte Umsiedlungsabschnitt mit den Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath inklusive der drei Holzweiler Höfe (Eggeratherhof, Roitzerhof, Weyerhof) erhalten bleibt. Entsprechend werden dort ab sofort keine Umsiedlungen mehr gegen den Willen der Betroffenen erfolgen.
Die Kohle unter der früheren Siedlung Lützerath, im unmittelbaren Vorfeld des Tagebaus wird hingegen benötigt, um die Braunkohlenflotte in der Energiekrise mit hoher Auslastung zu betreiben und gleichzeitig ausreichend Material für eine hochwertige Rekultivierung zu gewinnen. Die erforderlichen Genehmigungen und gerichtlichen Entscheidungen hierfür liegen vor und alle ursprünglichen Einwohner haben den Ort bereits verlassen.
"Dass es nicht gelingen soll, alle vom Kohleabbau bedrohten Siedlungen zu retten ist eine Katastrophe. Lützerath muss erhalten bleiben und das ist auch möglich. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat bereits errechnet, dass die Energieversorgung in der Krise auch ohne die Kohle unter Lützerath möglich ist", kritisierte Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Auch Fridays for Future übte scharfe Kritik an den Plänen, die Kohle unter Lützerath zu verfeuern, da dies unnötig sei und die Einhaltung des deutschen Emissionsbudgets für die 1,5-Grad-Grenze verunmögliche. Die Aktivist:innen betonten, dass hiermit nicht die entstandenen Probleme gelöst werden können.