Letzte Aktualisierung: 27.10.2022

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Energiecharta-Vertrag: Auch Deutschland muss jetzt aussteigen!

Ein dreißig Jahre alter Vertrag zementiert Europas Abhängigkeit von Öl, Kohle und Gas. Nachdem Italien bereits 2016 aus dem ECT ausstieg, verkündeten daher jetzt auch Polen, Spanien, die Niederlande, Frankreich und zuletzt Slowenien ihren Austritt. Experten fordern: Auch Deutschland muss jetzt aus dem Energiecharta-Vertrag aussteigen.

Das Foto zeigt Ludwig Essig, Experte für Handelspolitik am Umweltinstitut München e.V.

"Der Energiecharta-Vertrag blockiert die Energiewende, behindert wirksamen Klimaschutz und kann Deutschland Milliarden an Steuergeldern kosten. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland aus dem Energiecharta-Vertrag aussteigt", fordert Ludwig Essig, Experte für Handelspolitik am Umweltinstitut. (Foto: (c) Umweltinstitut)

Der Energiecharta-Vertrag (englisch Energy Charter Treaty, ECT), der 1994 in Lissabon unterzeichnet wurde, gibt Richtlinien für internationale Energiebeziehungen, darunter Handel, Transit und Investitionen, vor. Der Energiecharta-Vertrag (ECT) ermöglicht Konzernen, unter dem Mantel des Investitionsschutzes gegen Klimaschutzmaßnahmen wie den Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu klagen und schränkt damit den Handlungsspielraum von Regierungen ein.

Die Klage des Energiekonzerns Vattenfall gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Atomausstiegs 2011, die sich auf den Energiecharta-Vertrag stützte, zeigte jedoch deutlich, dass der Energiecharta-Vertrag Europas Abhängigkeit von Öl, Kohle und Gas zementiert und fossilen Konzernen ermöglicht, gegen die Energiewende zu klagen und damit den Handlungsspielraum der Regierungen einzuschränken.

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Energiecharta-Vertrag zementiert Europas Abhängigkeit von Öl, Kohle und Gas

Welche Folgen der ECT haben kann, zeigte das Beispiel Italien: Am 24. August wurde Italien von einem privaten Schiedsgericht zur Zahlung von mehr als 250 Millionen Euro an das Öl- und Gasunternehmen Rockhopper Explorations verurteilt. Das Land hatte 2015 Ölbohrungen in Gewässern vor der Küste verboten.

Die Klage war nur aufgrund der sogenannten Sunset-, oder Zombie-Klausel möglich. Denn Italien war bereits 2016 aus dem Vertrag ausgestiegen. Doch dank dieser Klausel sind Klagen noch 20 Jahre nach dem offiziellen Ausstieg in Bezug auf bis dahin getätigte Investitionen möglich. Das Urteil erfolgte nur wenige Wochen, nachdem sich die Vertragsstaaten auf einen leicht modernisierten Vertragsentwurf zum ECT geeinigt hatten.

Obwohl der EuGH am 2. September 2021 die Energiecharta für Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern der Europäischen Union für unwirksam erklärte und formal damit vielen der 55 anhängigen ECT-Verfahren die Grundlage entzog, werden viele dieser Verfahren weitergeführt und nur wenige Investor-Staat-Schiedsgerichte (ISDS) sind bereit sich der Rechtsprechung des EuGH zu beugen.

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"Auch Schiedsverfahren zwischen Nicht-EU und EU-Ländern sind illegal"

Nachdem Italien bereits 2016 aus dem ECT ausstieg, verkündeten daher jetzt auch Polen, Spanien, die Niederlande, Frankreich und zuletzt Slowenien ihren Austritt. Das Umweltinstitut, das in einem neuen Rechtsgutachten nochmals aufzeigt, dass der ECT klimaschädlich und teuer ist und gegen Unionsrecht verstößt, fordert, dass auch die Bundesregierung sofort aus dem ECT aussteigt und im EU-Rat gegen die Ratifizierung des modernisierten Vertragstextes stimmt.

Das Gutachten der für Umwelt- und Staatsrecht international renommierten Kanzlei Günther befasste sich mit der Frage, ob der ECT und dessen Schiedsgerichte mit den Verträgen der EU vereinbar sind. Es kommt zu dem Ergebnis, dass der ECT weder mit der Autonomie des Rechtssystems der EU noch mit ihrer Regulierungsautonomie vereinbar ist – und dass nicht nur Intra-EU-Schiedsverfahren illegal sind, wie vom EuGH bereits festgestellt, sondern auch Extra-EU-Schiedsverfahren. Ein weiteres wichtiges Ergebnis des Gutachtens betrifft die Vollstreckbarkeit von ECT-Schiedssprüchen in EU-Staaten: Diese sind demnach dazu verpflichtet, die Vollstreckung zu unterbinden.

Die Ergebnisse des Gutachtens im Einzelnen:

  • Schiedsverfahren des ECT verstoßen gegen die Autonomie des Unionsrechts – auch bei Extra-EU-Verfahren. Sie sind damit unwirksam. Das heißt, dass Klagen zwischen einem Mitgliedsland der EU und einem Land außerhalb der EU ebenfalls illegal sind. Genau solche Klagen ermöglicht oftmals der ECT.
  • Sollte ein Schiedsgericht einen EU-Staat dazu verurteilen, Schadensersatz zu zahlen, muss der Schiedsspruch in der EU nicht vollstreckt werden. Gerichte der Mitgliedsstaaten sind bereits nach der geltenden Rechtslage in der Pflicht, die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in der EU zu unterbinden.
  • Die Schiedsgerichte selbst sind nicht an EU-Recht gebunden und werden diese Unionsrechtswidrigkeit daher wohl auch weiterhin ignorieren. Die Regierungen der Europäischen Union sind daher gut beraten, den Vertrag zu kündigen, so die Jurist:innen.
  • Als Konsequenz aus dem Gutachten empfehlen die Jurist:innen vor dem EuGH eine Nichtigkeits-, bzw. Untätigkeitsklage auf Austritt anzustrengen. Dies könnte verhindern, dass Schiedssprüche innerhalb der EU vollstreckt werden und gleichzeitig die sogenannte Sunset-Klausel aufheben. Sie besagt, dass der Investorenschutz weitere 20 Jahre lang gilt, selbst wenn ein Land aus dem ECT austritt. Außerdem fordern die Gutachter:innen, das ICSID-Verfahren grundsätzlich zu überprüfen.

Das Umweltinstitut München fordert daher: Deutschland muss endlich nachziehen und umgehend aus dem Energiecharta-Vertrag austreten. "Es ist höchste Zeit, dass Deutschland aus dem Energiecharta-Vertrag aussteigt. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Der Energiecharta-Vertrag blockiert die Energiewende, behindert wirksamen Klimaschutz und kann Deutschland Milliarden an Steuergeldern kosten. Olaf Scholz muss jetzt endlich Haltung als 'Klimakanzler' zeigen und den deutschen Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag veranlassen. Gerade in Zeiten von Energie- und Klimakrise müssen Regierungen ihre Handlungsfähigkeit zurückerlangen. Eine Paralleljustiz mit Sonderklagerechten für Großinvestoren stehen dem Klimaschutz und der Energiewende im Weg, belasten die Demokratie und kosten wichtige Steuermilliarden", sagt Ludwig Essig, Experte für Handelspolitik am Umweltinstitut.

Hintergrund: "Agreement in principle" bringt kaum Verbesserungen

Nach Jahren der Verhandlungen über eine Modernisierung des Energie-Charta-Vertrages (ECT) wurden diese mit einem 2Agreement in principle" beendet, dem die Vertragsparteien noch zustimmen müssen, damit es in Kraft treten kann. Die förmliche Unterzeichnung ist für den 22. November auf einer Vertragsstaaten-Konferenz in der Mongolei geplant.

Die Modernisierungsverhandlungen haben nach Auffassung zahlreicher Expert*innen kaum Verbesserungen des Vertrages gebracht. Insbesondere bleiben die im ECT verankerten internationalen Schiedsgerichte (ISDS) bestehen, die es künftig fossilen Investoren erlauben, noch mindestens bis 2043 Regierungen bei anspruchsvollen Klimaschutzmaßnahmen auf Schadensersatz zu verklagen.

Während die EU-Kommission und einige Mitgliedstaaten dafür werben, die wenigen Verbesserungen nicht zu gefährden und deshalb dem Ergebnis der Modernisierungsverhandlungen zuzustimmen, haben jetzt Polen, Spanien, die Niederlande und Frankreich die Konsequenz gezogen, ihren Rückzug aus dem ECT einzuleiten. Sie werden sich auch für den Rückzug der EU insgesamt einsetzen. In Deutschland befindet sich die Haltung zum ECT derzeit in der Ressortabstimmung.

Update: Auch Deutschland wird aus dem Anti-Klima-Abkommen ECT aussteigen. Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP teilten Mitte November mit, dass geplant sei, wie Frankreich oder die Niederlande möglichst schnell aus der Energiecharta auszutreten. Am 01.12.2022 hat dann der Bundestag beschlossen, aus dem Energiecharta-Vertrag auszusteigen. Rund ein Jahr später, am 21. Dezember, ist Deutschland offiziell aus dem Energiecharta-Vertrag (ECT) ausgestiegen.

Hintergrund: Der Energiecharta-Vertrag (ECT) ermöglicht Konzernen, unter dem Mantel des Investitionsschutzes gegen Klimaschutzmaßnahmen wie den Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu klagen und schränkt damit den Handlungsspielraum von Regierungen ein. Konzerne haben den ECT in den vergangenen Jahren immer wieder für milliardenschwere Klagen gegen Staaten genutzt, die aus fossilen Energien aussteigen oder höhere Umweltschutzstandards einführen wollten. Umwelt- und Klimaschutzorganisationen hatten darauf gedrängt, den Vertrag zu kündigen, damit die Energiewende nicht ausgebremst wird. Allein in Europa (ohne Russland) schützt der ECT fossile Projekte in Höhe von über 344 Milliarden Euro. Ein vom Umweltinstitut veröffentlichtes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die Durchsetzung von aus dem ECT resultierenden Schadensersatzansprüchen wirksam angefochten werden kann. Dies ist besonders relevant, weil bestehende Investitionen aufgrund einer Klausel im Vertragstext nach dem Austritt noch weitere 20 Jahre lang geschützt bleiben und somit weiterhin Klagen möglich sind.

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