Firstnahe Ableitung: BImSchV macht Schornsteine deutlich höher
Nach den bisherigen Regelungen können sich Luftschadstoffe an windstilleren Orten zwischen Häusern sammeln, wo sie zum Risiko für die menschliche Gesundheit werden. Daher hat das Bundeskabinett nun die bisherigen Regeln genauer gefasst, um die Luftqualität vor allem in eng besiedelten Gebieten zu verbessern.
Neue Schornsteine sollen den Rauch von Kaminen oder Holzpelletheizungen demnach grundsätzlich firstnah ableiten. Der Bundesrat muss der "Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen" vom 14. Juli 2021 (Änderung der 1. BImSchV - 1.VOÄnd1.BImSchV) noch zustimmen.
Schadstoffe müssen mit freier Luftströmung abtransportiert werden
Beim Verbrennen von Festbrennstoffen wie Holz und Kohle entstehen oft unangenehme Gerüche und Rauch, aber auch geruchlose und für das menschliche Auge unsichtbare gesundheitsgefährdende Schadstoffe wie
- Feinstaub,
- Benzo(a)pyren,
- Dioxine und
- Furane.
Sie werden vor allem in enger bebauten Wohngebieten zum Problem. Denn an Stellen, die kaum von der natürlichen Luftströmung durchströmt werden, sammeln sich Luftschadstoffe in Bodennähe und beeinträchtigen die Gesundheit insbesondere von Kindern, Senioren und kranken Menschen.
Mit dem am 14.07.2021 beschlossenen Verordnungsentwurf der Bundesregierung zur Änderung der 1.BImSchV (1.VOÄnd1.BImSchV) soll der Abtransport von Abgasen mit der freien Luftströmung gewährleistet werden. Die Mündung eines Schornsteins muss künftig außerhalb der so genannten Rezirkulationszone des Einzelgebäudes liegen, also außerhalb des Bereichs, wo Abgase nicht vom Wind weggetragen werden können und vor Ort verbleiben.
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Größere Heizleistungen benötigen fortan höhere Schornsteine
Dazu muss die Austrittsöffnung des Schornsteins nahe am Dachfirst angeordnet werden und diesen um mindestens 40 Zentimeter überragen. Firstferne Errichtungen sind unter der Voraussetzung möglich, dass bestimmte technische Vorgaben eingehalten werden.
Damit die Abgase ausreichend verdünnt werden, muss der Schornstein so gestaltet sein, dass dessen Austrittsöffnung die Oberkanten von Lüftungsöffnungen, Fenster und Türen in der Umgebung um eine gewisse Höhe überragt. Diese Höhe ist abhängig von der Entfernung und von der Leistung der Anlage. Die neuen Vorgaben berücksichtigen dabei die höheren Staubfrachten von Anlagen mit größeren Feuerungswärmeleistungen stärker als bisher.
Regelungen gelten nur für Neuinstallationen - nicht für Austausch
Von der Änderung betroffen sind ausschließlich neue Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von weniger als einem Megawatt. Darunter fallen sowohl zentrale Heizkessel für Festbrennstoffe, wie beispielsweise Holzpelletheizungen, die ganze Häuser oder Wohneinheiten mit Wärme und Warmwasser versorgen, als auch Einzelraumfeuerungsanlagen, wie Kaminöfen, die als Zusatzheizung vorrangig den Aufstellraum beheizen.
In Deutschland werden jährlich rund 4.000 neue Festbrennstoffkessel in Neubauten und 70.000 neue Einzelraumfeuerungsanlagen installiert, die von der neuen Regelung dann betroffen sind.
Folgende Holzheizungen sind von der Pflicht zu einem höheren Schornstein ausgenommen:
- Für Feuerungsanlagen, die bei Inkrafttreten der neuen Verordnung bereits installiert sind, ändert sich nichts. Es werden die derzeit geltenden Vorschriften fortgeschrieben.
- Auch der Ersatz einer bestehenden Einzelraumfeuerungsanlage, beispielsweise eines Kaminofens, unterliegt nicht den neuen Anforderungen.
- Zudem gilt die Ausnahme auch für den Austausch einer bestehenden Ölheizung durch eine Biomasseheizung, wie sie derzeit mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) staatlich gefördert wird.
Diese Ausnahmen von den neuen BImSchV-Pflichten sind interessant, da bisher gemäß Länderarbeitskreis Emissionsschutz (LAI), der für die Auslegung der 1.BImSchV zuständig ist, auch ein Austausch der Feuerstätte oder des Brenners an einem bestehenden Schornstein als Neuerrichtung der Feuerungsanlage galt und damit vorgenannter Bestandsschutz mit anderen Regelungen der 1.BImSchV entgegenläuft.
Letztlich resultieren sie wohl aus dem Zielkonflikt, dass man bei Bestandsanlagen sonst wohl häufig auch die Austrittsöffnung anpassen müsste. Dies würde das Ziel der 1. BImSchV konterkarieren, eine veraltete Anlage gegen eine emissionsarme moderne Feuerstätte auszutauschen.
Kritik: Technisch aufwändig, teuer und Nutzen unklar
Der ZVSHK, der die Interessen der Installateure, Klempner, Behälter- und Apparatebauer sowie der Ofen- und Luftheizungsbauer vertritt, führt in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf zur 1. BImSchV vom 19.01.2021 eine Reihe von nachvollziehbaren Kritikpunkten an:
- Nicht jeder Dachaufbau/Schornsteinhöhe lässt eine Einhaltung der neuen Maßgaben zu
- Schornsteinerhöhungen können das Emissionsverhalten der Feuerstätte negativ beeinflussen
- Eine solche Schornsteinerhöhung kann durch Windlasten statisch problematisch sein
- Erhöhung könnte meist baurechtlich nicht zulässig sein
- Schornsteinerhöhung ist nur nötig, um die Verdünnung aus einer bestimmten Windrichtung zu verbessern, die u.U. in der Praxis nur äußerst selten vorkommt.
- Eine Schornsteinerhöhung ist letztlich mit erheblichen Mehrkosten für die Bauherren verbunden