Letzte Aktualisierung: 29.04.2024

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Gutachten: Kein Fernwärme-Anschlusszwang für Wärmepumpen

Der Wärmepumpen-Absatz ist ins Stocken geraten. 2024 werden wohl rund 50% weniger Wärmepumpen abgesetzt werden. Ein Grund liegt im ungünstigen Strom-zu-Gaspreis-Verhältnis. Hinzu kommt eine Vielzahl von medialen als auch regulatorischen Unsicherheiten. So fragen sich interessierte: Was passiert, wenn ich mich jetzt für eine Wärmepumpe entscheide und mir später im Zuge der kommunalen Wärmeplanung ein Anschlusszwang droht? Ein neues Rechtsgutachten gibt diesbezüglich zumindest Entwarnung. Eine bereits installierte Wärmepumpe darf in jedem Fall weiterbetrieben werden, selbst dann, wenn die Kommune einen Anschlusszwang an ein Fernwärmenetz vorschreibt. Interessant ist zudem die Einschätzung, dass der Einbau einer Wärmepumpe auch dazu berechtigen könnte, sich von einem bestehenden Anschluss- und Nutzungszwang zu lösen.

Wer jetzt auf eine Wärmepumpe umsteigt, kann später nicht zur Nutzung von Fernwärme verpflichtet werden. Der Einbau einer Wärmepumpe kann sogar dazu berechtigen, sich von einem bestehenden Anschluss- und Nutzungszwang zu lösen. (Foto: energie-experten.org)

Die Wärmepumpen-Branche wird 2024 wohl ihre Ziele weit verfehlen. Spitzenvertreter der Wärmepumpenbranche haben nach der diesjährigen Zusammenkunft im Deutschen Technikmuseum in ihrer „Berliner Erklärung“ eine gemischte Bilanz gezogen. Nachdem die Absatz- und Installationszahlen von Wärmepumpen über mehr als zehn Jahre stetig gewachsen waren – in den letzten beiden Jahren sogar sehr dynamisch um jeweils etwa 50 Prozent –, ist der Wachstumstrend im Laufe der letzten Monate erheblich ins Stocken geraten.

Um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen und Abhängigkeiten von Energieimporten zu reduzieren, hatte die Bundesregierung sich vor zwei Jahren das Ziel gesetzt, die Anzahl jährlicher Installationen von Wärmepumpen kurzfristig auf 500.000 zu steigern. Nachdem die Branche im vergangenen Jahr mit 356.000 abgesetzten Wärmepumpen diesem Ziel schon sehr nahe gerückt war, rechnet der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V. im laufenden Jahr mit einem deutlichen Absatzrückgang.

Laut BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel wird der Zielpfad 2024 weit unter Vorjahresniveau liegen. Er prognostiziert, dass rund 50% weniger Wärmepumpen abgesetzt werden. „Für die Branche, die in den vergangenen Monaten erheblich in Fertigungs-, Schulungs- und Installationskapazitäten investiert hat und nun in der Lage ist, die notwendigen 500.000 Wärmepumpen pro Jahr zu liefern und einzubauen, ist das eine schwierige Situation. Zumal nicht nur in der Branche Einigkeit darüber besteht, dass sich die Wärmepumpe mittelfristig als Standardheizung durchsetzen wird“, so Sabel.

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Strom- zu Gaspreis-Verhältnis belastet Wärmepumpen-Absatz

Dennoch belegen Umfragen ein nach wie vor großes Interesse an Wärmepumpen. Laut BWP wollen die Bürger weg von fossilen Heizungen, sie wollen den Umstieg auf Wärmepumpen und erwarten entsprechende politische Rahmenbedingungen. Aber trotz einer in vielerlei Hinsichten verbesserter und sehr attraktiveren Wärmepumpenförderung, ist der Absatz deutlich rückläufig.

Einen wesentlichen Grund sehen Experten im aktuellen Preisverhältnis von Strom zu Gas. Trotz hoher Kostenrisiken, weiter auf fossile Energieträger zu setzen, ist der Marktpreis für Erdgas über den letzten Winter so deutlich gesunken, dass selbst bei einer guten JAZ das Heizen mit Gas – zumindest zum aktuellen Preisniveau – günstiger ist als mit einer Wärmepumpe.

Insbesondere die Absenkung der Strom- und Mehrwertsteuer seien zentrale Hebel, so der BWP, um das aus der Sicht der Branche benötigte Verhältnis des Strompreises zum Gaspreis von weniger als zweieinhalb zu eins herzustellen. Der Vergleich mit anderen europäischen Staaten zeige, dass dies Investitionsentscheidungen zugunsten erneuerbarer Wärme anreize.

Auch der Bundesverband Geothermie wies jüngst darauf hin, dass insbesondere der Ausbau der Erdwärmenutzung in Verbindung mit Wärmepumpen durch den hohen Anteil von Steuern und Abgaben am Strompreis ausgebremst wird, und schlägt vor den Strom, der in Geothermieanlagen zum Betrieb von Förderpumpen und Wärmepumpen zum Einsatz kommt, von der Stromsteuer und der Mehrwertsteuer entlastet wird.

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Anschlusszwang bei Fernwärme: Muss ich meine Wärmepumpe ausbauen?

Zudem sind viele Bürger von den Querelen rund ums Heizungsgesetz verunsichert und haben häufig den Überblick verloren, welche Regeln nun für sie gelten. Beispielsweise ist in einem Großteil der ländlichen Versorgungsgebiete bereits heute absehbar, dass dort weder mit einem Fernwärmeausbau noch mit einer Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff zu rechnen ist.“, so Dr. Sabel. Dennoch warteten nun alle zunächst auf das Ergebnis der kommunalen Wärmeplanung, was zu einer allgemeinen Zurückhaltung beim Heizungstausch führe.

Viele Gebäudeeigentümer sorgen sich zudem, dass sie in Folge des angekündigten Fernwärmeausbaus später verpflichtet werden könnten, ihre neue Wärmepumpe wieder auszubauen. Dabei geht es dabei zum einen um die juristischen Fragen, zum anderen aber auch um die psychologische Sicherheit. Bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern sorgt bereits die bislang undurchsichtige Rechtslage für Attentismus, zumal es einen Flickenteppich landes- und kommunalrechtlicher Bestimmungen gibt.

Ein neues Rechtsgutachten von Dr. Miriam Vollmer, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht bei re | Rechtsanwälte, bestätigt nun, dass die Investition in eine bereits installierte Wärmepumpe unter einem besonderen Schutz stehen. Weder wirtschaftliche noch ökologische Gründe rechtfertigen in diesen Fällen die Durchsetzung eines Anschlusszwangs.

So ist eine Anschlussverpflichtung u.a. dann nicht durchsetzbar, wenn die örtliche Fernwärme emissionsintensiver ist als eine Wärmepumpe. Wenn die Fernwärme vor Ort auf Verbrennungsvorgängen beruht, ist ein Anschluss- und Benutzungszwang auch gegenüber Wärmepumpen praktisch unmöglich.

Selbst wenn die örtliche Fernwärme zu noch geringeren Emissionen führt als eine Wärmepumpe, wären aus Gründen der Erforderlichkeit Ausnahmen zu gewähren. Zum einen gibt es mit dem Wechsel zu Ökostrom bereits ein milderes Mittel, um selbst geringe indirekte Treibhausgas-Emissionen weiter zu senken. Zum anderen ist generell zweifelhaft, ob die indirekten Emissionen der Stromversorgung einen Anschluss an die Fernwärme erfordern, denn es gibt einen gesetzlichen verbindlichen Minderungspfad für den Stromsektor, der über den europäischen Emissionshandel reguliert wird. Der Nachteil ist also nur vorübergehender Natur.

Zuletzt ist auch aus Gründen der Angemessenheit eine Ausnahme zu gewähren, wenn Eigentümer eine Wärmepumpe unterhalten. Zum einen bedarf es wegen der drohenden vollständigen Entwertung der Investitionen in die Wärmepumpe besonders triftiger Gründe, wenn es dem Eigentümer zugemutet werden soll, auf diese zu verzichten. Solche Gründe sind kaum vorstellbar, betrachtet man die ökologische Gemengelage, so Vollmer.

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Wärmepumpen-Einbau kann Anschlusszwang aufheben

Besteht der Anschluss- und Benutzungszwang bereits, und beantragt ein Eigentümer sodann eine Ausnahme, um auf eine individuelle Wärmepumpe umzusteigen, besteht in den meisten Fällen Anspruch auf eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang.

Ist die Wärmepumpe einschließlich indirekter Emissionen emissionsärmer als die Fernwärmeversorgung, ist ein Dispens zu gewähren, weil der Anschluss- und Benutzungszwang nicht geeignet ist, den Klima- und/oder Gesundheitsschutz zu fördern. Der gesetzgeberische Zweck würde verfehlt. Dies wäre rechtsfehlerhaft.

Auch wenn die Wärmepumpe nur ebenso emissionsarm ist wie die Fernwärme, ist ein Dispens im Regelfall aus Gründen der Angemessenheit zu gewähren. Dies gilt auch dann, wenn die indirekten Emissionen die der Fernwärme übersteigen, da unabhängig von dieser Frage Wärmepumpen gem. § 71 Abs. 3 GEG emissionsfreien Technologien gleichgestellt sind.

Nur dann, wenn durch den nachträglichen Wegfall eines so erheblichen Teils der Wärmenachfrage die Wärmeversorgung vor Ort wirtschaftlich zu scheitern droht, kann eine Abwägung im Einzelfall zu einem anderen Ergebnis kommen. Allein steigende Kosten rechtfertigen dies indes nicht: Diese sind bis zu einem gewissen Grade hinzunehmen.

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