IEE-Studie: Wasserstoff keine Alternative zu Wärmepumpen
Für den langfristigen Erfolg der Energiewende und für den Klimaschutz sind Alternativen zu fossilen Energieträgern und die CO2-freie Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr unerlässlich. Der Energieträger Wasserstoff wird dabei mit seiner vielfältigen Einsetzbarkeit eine Schlüsselrolle einnehmen. Darüber, dass Wasserstoff jedoch kein Allheilmittel und nicht in jedem Sektor wirklich sinnvoll einsetzbar ist, besteht weitgehend Konsens.
Demnach sei unbestritten, dass eine direkte Stromnutzung - wo technisch möglich oder sinnvoll - zu maximieren ist. In Bezug auf die Gebäudewärmeversorgung wurde dabei deutlich, dass eine Nutzung von Power-to-Gas (PtG) einerseits aufgrund der Umwandlungsverluste (Strom -> Elektrolyse -> Methanisierung -> Wärme) und anderseits den Effizienzvorteilen bei Wärmepumpen (Strom + Umweltwärme -> Wärme) keine Option darstellen sollte.
Auch wissenschaftliche Studien der letzten Jahre untermauern diesen Vergleich zwischen Wärmepumpen und PtG. Am umfassendsten wurde dies in der Studie „Wert der Effizienz im Gebäudesektor in Zeiten der Sektorenkopplung“ der Agora Energiewende analysiert.
Hierbei wurden sowohl die Rückkopplungen der Gebäudeversorgung mit dem deutscheuropäischen Energieversorgungsystem als auch die Auswirkungen hoher Anteile von Wärmepumpen auf das Stromverteilnetz detailliert untersucht, sowie eine vollständige Kostenbilanzierung inkl. Kosten für Gebäudesanierung vorgenommen.
Im Ergebnis zeigt sich, dass ein Szenario mit mittlerer Sanierungsrate und hohen Anteilen von Wärmepumpen das kostengünstigste System darstellt, während ein Szenario mit PtG-Nutzung nicht nur energetisch, sondern auch in Hinblick auf die Systemkosten immer schlechter gestellt ist.
In Hinblick auf die aktuelle Diskussion zur Wasserstoffnutzung stellten sich Norman Gerhardt, Jochen Bard, Richard Schmitz, Michael Beil, Maximilian Pfennig und Dr. Tanja Kneiske vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE aber erneut die Frage, inwiefern durch geringere Umwandlungsverluste gegenüber PtG (Wirkungsgrad Strom zu Gas von 75% für H2 statt 60% für PtG) im Einsparen der Methanisierung und der direkten Nutzung von Wasserstoff diese Erkenntnisse und der bisher erzielte Konsens langfristig neu bewertet werden müssen.
Mittelfristig stellte sich dem Fraunhofer IEE zusätzlich die Frage, ob sich durch die technisch mögliche Verwendung von blauem Wasserstoff auf Basis fossilen Erdgases mittels CO2-Abtrennung und Speicherung (CCS) Einflüsse auf den Konversionspfad ergeben. Während für Anwendungen in der Industrie oder Gaskraftwerken ein aktuell diskutierter Infrastrukturwandel zu einer H2-Nutzung grundsätzlich das Potenzial biete, die Energiewende effizienter und zu geringeren Kosten zu gestalten, sollte die neue Studie bewerten, ob dies auch für die dezentrale Wärmeversorgung gelte.
Die Wissenschaftler des Fraunhofer IEE kommen in Ihrer Studie "Wasserstoff im zukünftigen Energiesystem: Fokus Gebäudewärme" im Auftrag des IZW e.V. Informationszentrum Wärmepumpen und Kältetechnik zu dem Schluss, dass für eine Versorgung der dezentralen Gebäudewärme der Einsatz von Wasserstoff nicht notwendig ist. Selbst in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland besteht ein ausreichendes Potenzial von Windkraft und Photovoltaik, um die hohen Nachfragepotenziale einer direkten Stromnutzung in den Bereichen Elektromobilität, Industrieprozesswärme und Gebäudewärme zu versorgen.
Für die Wärmepumpentechnologie bestehen mittlerweile umfassende Lösungen, um den für einen schnellen Markthochlauf teilweise notwendigen Einsatz in unsanierten Bestandsgebäuden generell und auch für Luft-Wasser-Wärmepumpen effizient zu ermöglichen. Dabei kann die Versorgungssicherheit in einem wetterabhängigen Energiesystem in der kalten Dunkelflaute trotz sehr hoher Anteile direktelektrischer Nachfrage mit moderaten zusätzlichen Leistungen von Gasturbinen zu geringen Mehrkosten gewährleistet werden.
Auch wenn in einem zukünftigen Energiesystem mit hohen absoluten Kostensteigerungen beim Netzausbau insbesondere für Verteilnetze zu rechnen ist, zeigt sich, dass Wärmepumpen keine Herausforderung für den Netzausbau sind und in Zukunft auch nicht werden. Kostentreiber sind der EE-Ausbau zu Erreichung der Klimaziele generell und die Elektromobilität. Der Kostenanteil für Wärmepumpen ist geringer und auch bezogen auf die Investitionskosten von Wärmepumpen gering.