Letzte Aktualisierung: 25.02.2014

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Netzbetreiber haftet für Überspannungsschäden

Wer bezahlt einen Überspannungsschaden? Mit dieser Frage hat sich nun der Bundesgerichtshof beschäftigt und der Klage auf Schadensersatz gegen den Stromnetzbetreiber stattgegeben. Grund war eine durch einen Stromausfall hervorgerufene Überspannung in einem Hausnetz, die mehrere Elektrogeräte und die Heizung beschädigte.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatz wegen eines Überspannungsschadens geltend. Die Beklagte ist Betreiberin eines kommunalen Stromnetzes und stellt dieses den Stromproduzenten (Einspeisern) und Abnehmern zur Verfügung. Dazu nimmt sie auch Transformationen auf eine andere Spannungsebene (Niederspannung ca. 230 Volt) vor.

Nach einer Störung der Stromversorgung in dem Wohnviertel des Klägers trat nach einem Stromausfall in seinem Hausnetz eine Überspannung auf, durch die mehrere Elektrogeräte und die Heizung beschädigt wurden. Die Ursache für die Überspannung lag in der Unterbrechung von zwei sogenannten PEN-Leitern ( PEN = protective earth neutral) in der Nähe des Hauses des Klägers, über die sein Haus mit der Erdungsanlage verbunden war.

Das Amtsgericht hat die auf Ersatz des entstandenen Schadens gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht der Klage abzüglich der Selbstbeteiligung von 500 € gemäß § 11 des Produkthaftungsgesetzes (ProdHaftG) stattgegeben. Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die vom Landgericht zugelassene Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte haftet aufgrund der verschuldensunabhängigen (Gefährdungs-) Haftung nach § 1 Abs. 1 ProdHaftG. Gemäß § 2 ProdHaftG ist neben beweglichen Sachen auch Elektrizität ein Produkt im Sinne dieses Gesetzes. Die Elektrizität wies aufgrund der Überspannung einen Fehler gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG auf, der die Schäden an den Elektrogeräten und der Heizung, also an üblichen Verbrauchsgeräten des Klägers, verursacht hat. Mit solchen übermäßigen Spannungsschwankungen muss der Abnehmer nicht rechnen. Die beklagte Netzbetreiberin ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG auch als Herstellerin des fehlerhaften Produkts Elektrizität anzusehen. Dies ergibt sich daraus, dass sie Transformationen auf eine andere Spannungsebene, nämlich die sogenannte Niederspannung für die Netzanschlüsse von Letztverbrauchern, vornimmt. In diesem Fall wird die Eigenschaft des Produkts Elektrizität durch den Betreiber des Stromnetzes in entscheidender Weise verändert, weil es nur nach der Transformation für den Letztverbraucher mit den üblichen Verbrauchsgeräten nutzbar ist. Ein Fehler des Produkts lag auch zu dem Zeitpunkt vor, als es in den Verkehr gebracht wurde (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 ProdHaftG), weil ein Inverkehrbringen des Produkts Elektrizität erst mit der Lieferung des Netzbetreibers über den Netzanschluss an den Anschlussnutzer erfolgt.

Urteil vom 25. Februar 2014 - VI ZR 144/13

Amtsgericht Wuppertal - Urteil vom 21. Februar 2012 - 39 C 291/10

Landgericht Wuppertal - Urteil vom 5. März 2013 - 16 S 15/12

Karlsruhe, den 25. Februar 2014

Produkthaftungsgesetz

§ 1

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1. er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,

§ 2

Produkt im Sinne dieses Gesetzes ist jede bewegliche Sache, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet, sowie Elektrizität.

§ 3

(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

a) seiner Darbietung,

b) des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,

c) des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde,

berechtigterweise erwartet werden kann.

§ 4

1) Hersteller im Sinne dieses Gesetzes ist, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Als Hersteller gilt auch jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 25.02.2014

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