Orbital O2 erzeugt Gezeiten-Strom vor Schottlands Küste
Meerwasserkraftwerke, die aus der Wellen- oder Gezeitenkraft Energie gewinnen, sind laut Expertenmeinung ein wichtiger Pfeiler der Energiewende. Ein solcher „Pfeiler“ wurde nun vor den Orkneys in einer geschützten Bucht vor Stromness, der zweitgrößten Stadt des Orkney-Archipels, in Betrieb genommen. Das Gezeitenkraftwerk Orbital O2 wird zukünftig so viel sauberen Strom erzeugen, um den Bedarf von rund 2.000 britischen Haushalten zu decken.
Orbital O2 liefert doppelt so viel Strom wie Onshore-Windrad
Wo Ebbe und Flut sich zwischen Inseln hindurchzwängen, entstehen starke Strömungen. Vor den Orkneys sind diese besonders stark. Deshalb wird hier seit einigen Jahren mit Gezeitenkraftwerken experimentiert. Bei den Orkneys findet sich auch der mächtigste Gezeitenstrom Europas, der Pentland Firth. Seit April 2021 wird dieser nun vom Gezeitenkraftwerk „Orbital O2“ angezapft.
Orbital Marine Power Ltd (Orbital), der in Schottland ansässige Entwickler der schwimmenden Gezeitenturbinentechnologie, startete am Donnerstag, den 22. April, den Transport der 2-MW-Gezeitenturbine Orbital O2. Mit Hilfe eines Tauchkahns wurde die 680 Tonnen schwere Gezeitenturbine von der Kaianlage in Funde Ports in Dundee in den Fluss Tay überführt.
Orbital O2 wurde dann auf die Orkney-Inseln geschleppt, wo das Gezeitenkraftwerk in Betrieb genommen wird jetzt an das Europäische Meeresenergiezentrum (EMEC) angeschlossen wird.

Zweiflügelige Tidenturbinen liefern jeweils 1 MW Leistung
Die O2-Turbine verfügt über eine 74 m lange Rumpfstruktur mit zwei 1 MW-Stromerzeugungsgondeln am Ende einziehbarer Beinstrukturen. 10-m-Blätter geben dem O2 Gezeitenkraftwerk mehr als 600 m2 überstrichene Fläche, um fließende Gezeitenenergie zu erfassen.
In rund 15 Metern Tiefe, unter 72 Meter langen, schlanken, zigarrenförmigen Schwimmkörpern befinden sich an zwei tragflächenförmigen Armen die beiden voll integrierten Antriebsstränge von SKF – die eigentlichen Kraftwerke. Angetrieben durch die Gezeitenströmung drehen sich an ihrem Ende die beiden zweiflügeligen Rotoren mit einem Durchmesser von 21 Metern.

Die schwimmende Struktur wird auf einer Station mit einem Vierpunkt-Festmachersystem gehalten, bei dem jede Festmacherkette die Kapazität hat, über 50 Doppeldeckerbusse zu heben.
Das Orbital O2 Kraftwerk wurde so konzipiert, dass die Installation der Turbine und aller damit verbundenen Liegeplätze von kostengünstigen Arbeitsschiffen und die Wartung von RIB-Schiffen durchgeführt werden kann, wodurch Ausfallzeiten minimiert und die Bau- und Betriebskosten gesenkt werden.
Der Strom wird von der Turbine über ein dynamisches Kabel zum Meeresboden und ein statisches Kabel entlang des Meeresbodens zum lokalen Onshore-Stromnetz übertragen.
Die Schubumkehr von Ebbe und Flut liefert etwa die doppelte Ausbeute eines vergleichbaren Windrads an Land. Dazu trägt auch der weitaus höhere Lastfaktor aus der Gezeitenströmung bei. Orbital O2 ist aktuell die weltweit größte Gezeitenturbine.
Die EU fördert das O2-Projekt mit Mitteln aus ihrem Forschungs- und Entwicklungsprogramm HORIZON 2020 (FloTEC) sowie aus EU-Regionalfördertöpfen für Nordwest-Europa (ITEG).