Durch den für 2022 beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergienutzung verändern sich die Rahmenbedingungen auf dem Strommarkt. Für die außer Betrieb gehenden Kernkraftwerke werden Ersatzkapazitäten benötigt. Ein Teil der Energie wird aus Erneuerbaren Energien und dezentralen Erzeugungsanlagen wie z. B. Biogasanlagen erzeugt werden. Darunter fallen auch solche Anlagen in Bioenergiedörfern. Sie profitieren von den veränderten Rahmenbedingungen. Die trend:research Studie "Energieautarke Kommunen und Bioenergiedörfer – 100 Prozent Strom durch Eigenversorgung" analysierte diese Entwicklung und prognostiziert eine weitere Steigerung der Anzahl an Bioenergiedörfern und energieautarken Kommunen auf über 400 bis zum Jahr 2020.
Einige Regionen und Gemeinden in Deutschland sind inzwischen von fossilen Brennstoffen unabhängig und somit energieautark. Der Einsatz Erneuerbarer Energien in der Region und die damit verbundene Rekommunalisierung der Energieversorgung bietet sowohl ökologische Vorteile als auch ökonomische Potenziale für die regionale Wertschöpfung. Die Vorteile der Eigenversorgung liegen primär in der Unabhängigkeit von konventionellen Energieversorgern und den damit verbundenen Preissteigerungen. Zum Einen verbleiben die Ausgaben für Energie bei der Selbstversorgung zu einem großen Teil in der Region und zum Anderen resultieren durch den Eigenbetrieb Einnahmen für die Kommunen.
Einen Nachteil stellen jedoch die zunächst notwendigen hohen Investitionen in Erzeugungsanlagen und Netze dar, die sich erst nach mehreren Jahren amortisieren. Ebenfalls funktioniert das gesamte Konzept der Energieautarkie nur, wenn ein nennenswerter Anteil der Einwohner partizipiert und sich an das Nahwärmenetz anschließen lässt. Beachtet werden muss außerdem, dass ein Großteil der Bioenergie-Technologien gegenwärtig nur bei hoher staatlicher Förderung wie beispielsweise durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz wirtschaftlich rentabel ist.
Bioenergiedörfer erzeugen einen großen Teil ihres Strom- und Wärmebedarfes durch regenerative Energien unter Nutzung von regional bereitgestellter Biomasse wie Holz, Mais und Grünpflanzen sowie Reststoffen aus Viehhaltung. Das Konzept eines Bioenergiedorfes hängt dabei stark von den örtlichen Rahmenbedingungen ab. In landwirtschaftlich geprägten Regionen bietet sich beispielsweise eine Biogasanlage als zentrales Energieversorgungskonzept an. In forstwirtschaftlich geprägten Regionen kann ein Biomasseheizkraftwerk geeigneter sein, da Biomasse beispielsweise in Form von Holzhackschnitzeln bereitgestellt werden kann. Zusätzlich oder alternativ bietet sich je nach Standort Sonnen-, Wasser- oder Windenergie zur Stromerzeugung an.
Insgesamt existieren gegenwärtig 81 Bioenergiedörfer. Der Ausbaugrad bei der Versorgung mit eigenerzeugtem Strom aus Erneuerbaren Energien ist dabei sehr heterogen. Begründet ist dies zum einen in den vorhandenen räumlichen Naturraumpotenzialen (Biomassepotenzial, Windhöffigkeit, Sonnenscheindauer), sowie der gerade auf Landesebene stark unterschiedlichen Förderbedingungen. So lassen sich sehr deutlich entsprechende Wachstumszonen identifizieren wie die Bodenseeregion, das nördliche Baden-Württemberg und Südhessen. Weitere Schwerpunkte der Entwicklung zeigen sich in Nordhessen und dem Göttinger Land in Südniedersachsen sowie in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist zu erkennen, dass das Wachstum in diesen Regionen am stärksten ausfallen wird.
Die weitere Realisierung von Bioenergiedörfern und energieautarken Kommunen ist abhängig von der weiteren Förderung der Erneuerbaren Energien. Mit Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Wirtschaftlichkeit von Erneuerbaren Energien-Anlagen, die insbesondere von den Regelungen des EEG beeinflusst werden, könnte es in den nächsten Jahren zu Schwierigkeiten bei der Finanzierung kommen. Die Kreditvergabe könnte dann erschwert werden. Daher kann es laut Studie mit den jeweiligen EEG-Novellen weiterhin zu einer leichten Verschiebung in Hinblick auf die künftige anteilige Nutzung der verschiedenen Erzeugungstechnologien kommen.
Insgesamt ist in den nächsten Jahren aber mit einer weiteren Steigerung der Anzahl an Bioenergiedörfern und energieautarken Kommunen zu rechnen. Bis 2020 sind es laut Studie insgesamt bis zu 420. Hierbei wird von einer beschleunigten Entwicklung, ausgelöst durch Vorgaben der Politik zur Umsetzung der Klimaschutzziele, ausgegangen. Mitentscheidend für den Ausbau der Bioenergiedörfer ist der Wärmebedarf und die zur Nahwärmenutzung geeignete Gebäudedichte. Deutschlandweit sind insgesamt etwa 3.000 der etwa 9.300 Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern geeignet, komplett mit Nahwärme versorgt zu werden.
Die gesamt installierte elektrische Leistung könnte sich laut Studie von derzeit rund 660 MWel bis 2020 auf 1.600 MWel steigern. Ein Großteil davon wird auch durch Windenergie und Photovoltaik bereitgestellt werden. Hauptsächlich liegt dies an der Erweiterung bestehender Windparks und dem Zubau von Photovoltaikanlagen bei schon existierenden Bioenergiedörfern und energieautarken Kommunen. Parallel dazu kann auch die erzeugte Strommenge von aktuell rund 1.600 GWh/a auf über 5.000 GWh/a in 2020 ansteigen.
Im Ergebnis stellt die trend:research-Studie fest, dass die Entwicklung im Markt für Bioenergiedörfer und energieautarker Kommunen positiv einzuschätzen ist, jedoch muss mit einer regional sehr unterschiedlichen Entwicklung gerechnet werden. Zu beachten ist, dass im Markt für Bioenergiedörfer und energieautarke Kommunen eine Förderabhängigkeit besteht, bei der die Veränderungen des ordnungspolitischen Rahmens und speziell der monetären Förderungen, weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung des Gesamtmarktes entfalten kann.
Quelle: trend:research GmbH