Wie teuer wird Fernwärme in Deutschland? Berlin muss jetzt zittern!
Viele Fernwärmeversorger haben angekündigt, ihre Preise zu erhöhen. So melden die Stadtwerke Witten heute, dass sich aufgrund der gestiegenen Beschaffungskosten für Gas und Strom auch der Bezug von Fernwärme verteuert: Der Arbeitspreis steigt um 6,00 Cent pro kWh auf 17,39 Cent. Und damit um rund 50 %. Für eine Wittener Durchschnittswohnung mit 20.000 kWh Verbrauch pro Jahr bedeutet das Mehrkosten von rund 1.200 € pro Jahr.
München und Köln prognostizieren deutlich höhere Kosten
Einblicke in die Preisentwicklung ihrer Fernwärme gaben zuletzt unter anderem auch die Stadtwerke München (SWM), die im zweiten Quartal 2022 eine Gesamterhöhung von 116 % im Vergleich zum Vorjahr verzeichneten.
RheinEnergie bereitet seine Kund:innen auf einen Preisanstieg von 73 % ab Oktober vor. Während der durchschnittliche Fernwärmepreis in einer Kölner Durchschnittswohnung im Jahr 2021 etwa 407 Euro pro Jahr betrug, müssen sich die Kund:innen für 2022 auf rund 705 Euro einstellen.
Bei Fernwärme kommt man dennoch besser weg als beim Erdgas: Hier sollen die Heizkosten bei RheinEnergie um ganze 133 % steigen!
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Trotz gesicherter Fernwärme-Versorgung 60 % Preisanstieg in Hamburg
Hinsichtlich einer ungesicherten Wärmeversorgung geben die Energiewerke in Hamburg Entwarnung, wenn auch nur vorsichtig. Die Haushalte, die an das Netz der Hansestadt angeschlossen sind, müssten sich für die kommenden Monate keine Sorgen über eine ungesicherte Belieferung mit Wärme und Warmwasser machen.
Trotz der heiklen Umstände auf den Energiemärkten war es den Hamburger Energiewerken möglich, ausreichend Steinkohle für die Fernwärmeversorgung zu beschaffen. Bei planmäßiger Belieferung sind die benötigten Kohlemengen für 2022/2023 also gesichert. Vorteilhaft ist hier, dass Gas in der Hansestadt nur zu rund 15 % für die Fernwärmeerzeugung eingesetzt wird. Auf Preissteigerungen von bis zu 60 % sollten sich die Kund:innen dennoch einstellen.
Versorgung mit Fernwärme scheint in Berlin unsicherer
Ganz andere Zustände herrschen in der Hauptstadt: Hier belief sich der Anteil von Gas an der Fernwärmeerzeugung im Jahr 2020 auf etwa 74 %. Die Besorgnis, ob auch im Herbst und Winter ausreichend Warmwasser durch die Rohre fließt, ist in Berlin demnach wesentlich größer.
Dass der Energieversorger Vattenfall seine Kund:innen hier in den vergangenen Wochen bat, von Nachfragen zur Versorgungssicherheit abzusehen, macht die Situation nicht besser. Mittlerweile äußert sich das Unternehmen zumindest dahingehend, die Lage „sehr genau“ beobachten zu wollen und sich auf etwaige Engpässe vorzubereiten. Für eine absolute Versorgungssicherheit möchte hier dennoch niemand garantieren.
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Im Gegensatz zum Gas können sich die Bezieher:innen von Fernwärme ihren Energieanbieter nicht aussuchen – Planung und Betrieb von Kraftwerken und Netzen liegen in der Hand des Versorgers, was jedem Fernwärmeunternehmen in seinem Bezirk eine Monopolstellung verschafft.
Einen entscheidenden Vorteil haben die Kund:innen dennoch: Zwar ist Fernwärme kostspieliger als Gas und Öl, wer jedoch mit Letzterem heizt, benötigt höhere Kapazitäten, um die gleiche Menge Wärme zu generieren. Im Fernwärmepreis sind Umwandlungsverluste bereits enthalten, während die Einbußen bei Gas- und Ölheizungen erst vor Ort im Heizungskessel entstehen.
Auf verlässliche Aussagen ist derzeit nicht zu hoffen
Schlussendlich hat jedoch jedes Fernwärme-Unternehmen eigene Abnahme- und Erzeugungsstrukturen, die in den jeweiligen Preisänderungsklauseln abgebildet werden. Darüber hinaus unterscheiden sich die Preisänderungsregelungen, etwa hinsichtlich der Anpassungszeiträume. Manche Versorger verwenden zudem separate Preisbestandteile für die CO2-Kosten.
Verbraucher:innen müssen davon ausgehen, dass die stark steigenden Kosten an den Rohstoffmärkten überall zu Preiserhöhungen führen werden – die Fernwärme bleibt davon nicht verschont. Laut Verbraucherzentrale können die Fernwärmepreise je nach Anbieter trotzdem stark voneinander abweichen.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es den Verbraucher:innen von Fernwärme zwar möglich, sich an ihren Versorger zu wenden, um Auskünfte über den Anteil von Gas an der Erzeugung und Prognosen für die Versorgungssicherheit zu erhalten – mit einer allgemeingültigen Antwort ist jedoch kaum zu rechnen.
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Gasumlage auf Fernwärme wird aktuell geprüft
Da einige Gasimporteure aufgrund der gestiegenen Ersatzbeschaffungskosten für Gas (wir berichteten) erhebliche Verluste zu erwarten haben, wird ab 01. Oktober eine Gasumlage auf alle Verbraucher:innen umgeschlagen. Robert Habeck beziffert die Mehrkosten auf 1,5 bis 5 Cents pro kWh.
Sind auch Fernwärmekund:innen von der Umlage des § 26 EnSiG betroffen? Denn je nach dem Umfang des Gaseinsatzes könnte auch der Fernwärmepreis belastet werden. Laut Bundeswirtschaftsministerium sind sie aktuell (Stand: 04.08.2022) nicht erfasst. Eine Gasumlage auf Fernwärme wird laut BMWK derzeit geprüft.
Energieexperte Joachim Held von der renommierten Beratungskanzlei Rödl & Partner erläuterte die komplexe rechtliche Situation der Gasumlagenerhebung auf Fernwärme in einem Web-Seminar der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW):
„Für Fernwärmeversorger ergibt sich eine besondere Situation: Für sie stellt die Gasumlage eine Erhöhung der Erzeugungskosten dar, insbesondere der Erdgasbezugskosten. Es handelt sich hier um einen anderen Anpassungstatbestand.
Insofern sind die Möglichkeiten zur Weitergabe nicht so einfach wie bei Gaslieferverträgen. Der Gesetzgeber hatte in der AVBFernwärmeV zwar eine Berücksichtigung vorbereitet, allerdings bezieht sich die umgesetzte Änderung der Verordnung auf den Paragraphen 24 des EnSiG. Damit greift dies im Fall der Gasbeschaffungsumlage nicht.
Allerdings könnte in extremen Einzelfällen der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage greifen", Joachim Held.
Robert Habeck geht jedoch davon aus, dass auch auf Fernwärme anteilig die Gasumlage erhoben wird: "Die Logik sollte sein, dass der Anteil der Gasversorgung ebenfalls von der Umlage erfasst ist. Das werden wir auch klarstellen, dass das so ist. Die juristischen Feinheiten schauen wir uns jetzt nochmal an", so Habeck in einer Pressekonferenz zur Festlegung der Höhe der Gasumlage am 15.08.2022.
Falls es zu einer Gasumlage auf Fernwärme kommt, so fallen die Mehrkosten dann geringer aus. Denn im Durchschnitt wird Fernwärme in Deutschland nur zu rund 40 % aus Gas produziert. Abwärme aus Müllheizkraftwerken und Braun- und Steinkohle erzeugen nahezu den Rest.