Blick auf einen Seitenflügel mit dachintegrierten Solarthermie-Kollektoren

Auf den beiden Dächern der Seitenflügel des ehemaligen Schlachthofgebäudes sind zwei je 176 m2 große dachintegrierte Solar-Kollektorfelder installiert, die ein Nahwärmenetz mit Solarenergie versorgen. (Foto: energie-experten.org)

Solarwärme-Netz versorgt "Alten Schlachthof" in Speyer

Im Jahr 2001 hat das Land Rheinland-Pfalz das Neubaugebiet "Alter Schlachthof" in Speyer als Modellvorhaben für kinder- und familienfreundliches Bauen ausgewählt. Das neue Wohnquartier mit 9.300 m2 Gesamtwohnfläche in Niedrigenergie-Bauweise wird seither mit einem im April 2005 in Betrieb genommenen Nahwärmenetz auf Basis von Sonne und Erdgas versorgt.

Wärmekonzept: Solarwärme soll wesentlichen Teil des Wärmebedarfs abdecken

Die TDG Speyer hat in Verbindung mit der Forschungsgruppe Steinbeis- Transferzentrum für Energie-, Gebäude-, und Solartechnik, Stuttgart das umweltfreundliche Solarwärme-Konzept entwickelt, welches einen wesentlichen Teil des Wärmebedarfs über die Solarenergie abdeckt.

Das solare Nahwärmenetz am Mausbergweg in Speyer wird von einer 554 m2 großen, dachintegrierten Solarthermieanlage, die auf dem Kesselhaus des ehemaligen Schlachthofes und über dem Parkplatz installiert wurde, und einem ca. 600 kW-Gas-Brennwertkessel gespeist.

Bei der Planung wurde ein Jahres-Gesamtwärmebedarf von 762 MWh berechnet, davon 501 MWh für die Gebäudeheizung, 152 MWh für Warmwasserbereitung mit Warmwasserzirkulation und 109 MWh für Netzverluste.

Bei dem Verhältnis zwischen solarem und fossilem Anteil wird ein möglichst hoher Solaranteil bei möglichst geringen solaren Nutzwärmekosten erreicht. Technisch wäre jedoch ein deutlich höherer Beitrag der solaren Wärme möglich gewesen.

Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Betrieb der Nahwärmeversorgung war der Anschluss aller Häuser an des Wärmenetz sowie die Ausführung der Gebäude als Niedrigenergiehaus. Der Anschluss an die Nahwärmeversorgung war daher für die Bauherren der 47 Reihenhäuser und 12 Doppelhäuser verpflichtend.

So funktioniert das Solarsystem im alten Schlachthof

Im ehemaligen Kesselhaus des alten Schlachthofes befindet sich die Heizzentrale, ausgestattet mit einem 599 kW starken Gas-Brennwertkessel und einem 100m3 großen Solar- und Kesselpufferspeicher. Die beiden Seitenflügel – ehemals Stallungen – des Schlachthofgebäudes wurden abgerissen und als Garagen neu aufgebaut.

Auf ihren Dächern sind zwei je 176m2 große dachintegrierte Kollektorfelder installiert. Nach der Errichtung sämtlicher Wohnhäuser wurden auf den Carports weitere 202m2 Kollektorfläche installiert, sodass letztlich 554m2 Solarwärme erzeugen.

Die solare Wärme für das Neubaugebiet "Alter Schlachthof" wird über eine Kollektorkreispumpe, den Kollektorkreis-Wärmetauscher und die Ladepumpe in den oberen oder mittleren Bereich des Solar- und Kesselpufferspeichers transportiert. Der obere etwa 13 m3 große Bereich des Puffers wird vom Kessel auf eine mittlere Bereitschaftstemperatur von ca. 68°C gehalten.

Die Netzrücklaufbeimischung sorgt dafür, dass die Netzvorlauftemperatur von 66°C (anfangs 63°C) eingehalten wird, insbesondere auch dann, wenn der Speicher von der Solaranlage auf höhere Temperaturen (z.B. 90°C) erwärmt wird. Die Wärmeentnahme aus dem Puffer erfolgt durch das Nahwärmenetz, wobei der Netzrücklauf in den Puffer entweder unten oder in ein Drittel der Höhe einströmt.

Für die Regelung wurde eine DDC-Anlage eingesetzt. Beim Betreiber steht eine Leitstation, auf der alle Regelgrößen, Betriebszustände und Störmeldungen zur Fernüberwachung und Datenarchivierung aufgeschaltet sind. Dazu wurde in der Heizzentrale im Kesselhaus eine Unterstation mit Modem installiert, über das die Daten an die Leitstation übertragen werden.

Jedes der Einfamilienhäuser bzw. Doppelhäuser ist mit einer Wärmeübergabestation an das Wärmeverteilnetz angeschlossen. Die Trinkwarmwasserbereitung erfolgt im Durchlaufprinzip. Der netzseitige Volumenstrom am Trinkwarmwasser-Wärmeübertrager wird durch ein Ventil so geregelt, dass die notwendige Trinkwassertemperatur (ca. 50 °C) eingehalten wird. In den größeren Gebäuden ist aus Komfortgründen zumeist auch eine Warmwasserzirkulation vorhanden, deren Wärmeverluste ebenfalls über diesen Wärmeübertrager gedeckt werden. In diesem Fall erreichen sekundäre und primäre Rücklauftemperatur höhere Werte.

Obwohl die Trinkwassertemperatur nur 50 °C beträgt, wird die Netzvorlauftemperatur (gemessen am Netzaustritt der Heizzentrale) ganzjährig mit 67 °C gefahren, da die Trinkwarmwasser-Wärmeübertrager auf 65 °C Vorlauftemperatur ausgelegt sind (2 K Temperaturdifferenz werden für Netzverluste berücksichtigt). An die Wärmeübergabestationen sind Fußboden- und/oder Radiatorenheizungen angeschlossen. 13 Stationen haben eine Fußbodenheizung (Auslegung 40/30 °C bei einer Außentemperatur von -12 °C), deren Heizkreis durch einen Wärmeübertrager vom Netz getrennt ist.

Architektur und Grundstück: Das Kesselhaus wurde als Relikt der früheren Nutzung erhalten

Zentraler Ort des Wohngebietes ist der Platz um das ehemalige Kesselhaus des Schlachthofes, in dem sich die Energiezentrale für das gesamte Wohngebiet befindet. Das Gebäude wurde als Relikt der früheren Nutzung erhalten und mit Gemeinschaftseinrichtungen und Quartiersgaragen ausgestattet. Besondere Räume dienen den Bewohnern als Kinder- Jugend- oder Nachbarschaftstreff.

Die um das Kesselhaus gruppierten Haustypen stammen von vier ausgewählten Architektengruppen, die auf der Basis von Wettbewerbsentwürfen innovative Haustypen für moderne und zeitgemäße Wohnformen in verdichteter Bauweise entwickelten. Die Grundstücksgrößen variieren zwischen ca. 160 m2 für die Mittelhäuser und ca. 230 - 340 m2 für die Endhäuser.

Durch die überwiegende Südorientierung bieten die Hausgruppen hervorragende Bedingungen für gartenbezogenes Wohnen. Die Grundrisse sind sehr transparent, äußerst variabel und durch die Bautiefe von 10,00 m optimal lichtdurchflutet. Die Hausbreiten betragen bei den Standardreihenhäusern 7,00 m. Im Bereich der Rundbebauung sind ca. 10,00 m breite Hauseinheiten vorgesehen.

Die Wohnfläche beträgt bei den zweigeschossigen Reihenhäusern ca. 125 m2. Die Häuser sind voll unterkellert. Im Dachgeschoss sind Ausbaureserven bis 155 m2 vorhanden.

Eine Sonderform stellt die gebogene Hausgruppe im Zentrum der Anlage dar. Hier entstanden nach den Vorstellungen der Architekten Hook, Rössel, Lochbaum auch größere gereihte Stadthäuser. Diese Häuser des gehobenen Standards weisen Wohnflächen von 180 – 200 m2 aus. Die Grundstücke im Bereich der Rundbebauung liegen zwischen 240 und 400 m2.

Steckbrief
Projektnummer:
3145
Objekt:
Neubaugebiet "Alter Schlachthof"
Ort:
Speyer
Beteiligte Unternehmen:
Architekten Hook, Rössel, Lochbaum, Stadtwerke Speyer Technik- und Dienstleistungs GmbH (TDG Speyer), Forschungsgruppe Steinbeis- Transferzentrum für Energie-, Gebäude-, und Solartechnik (Stuttgart), GEWO Gemeinnützige Wohnungsbau und Siedlungs GmbH (Speyer), ZfS - Rationelle Energietechnik GmbH (Hilden)
Hersteller:
Viessmann Vitocrossal 300 CT
Größe/ Fläche Solarthermie-Anlage:
554,00 m2
Baujahr:
2005


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Projektnummer:
3145
Objekt:
Neubaugebiet "Alter Schlachthof"
Ort:
Speyer
Beteiligte Unternehmen:
Architekten Hook, Rössel, Lochbaum, Stadtwerke Speyer Technik- und Dienstleistungs GmbH (TDG Speyer), Forschungsgruppe Steinbeis- Transferzentrum für Energie-, Gebäude-, und Solartechnik (Stuttgart), GEWO Gemeinnützige Wohnungsbau und Siedlungs GmbH (Speyer), ZfS - Rationelle Energietechnik GmbH (Hilden)
Hersteller:
Viessmann Vitocrossal 300 CT
Größe/ Fläche Solarthermie-Anlage:
554,00 m2
Baujahr:
2005

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