Außenansicht der Bremer Glocke (Foto: IPEG-Institut)

Die Bremer Glocke, ein im Art-Déco-Stil 1928 gebautes, expressionistisches Konzerthaus auf der Domsheide in der Bremer Innenstadt neben dem Dom. (Foto: IPEG-Institut)

Zellulose-Dämmung der Bremer Glocke spart 30% Energie ein

Die Bremer Glocke, ein im Art-Déco-Stil 1928 gebautes, expressionistisches Konzerthaus auf der Domsheide in der Bremer Innenstadt neben dem Dom, wurde im Jahr 2009 gedämmt. Dabei wurde auf die an Drahtseilen am stählernen Dachstuhl hängende Kaltseite der Decke des Musiksaals von Dämm-Experte Arnold Drewer vom IPEG-Institut – einem Kompetenzzentrum für Dämmstoffe und Dämmverfahren - eine 30 cm dicke Schicht Zelluloseflocken aufgeblasen.

Die Einblasdämmung passte sich den vielen Unebenheiten und den schwer zugänglichen Stellen so gut an, dass die Dämmung und die Schließung der offenen Fugen eine Einsparung von 30% erzielt. Dies entspricht einer Einsparung von rund 45.000 Litern Heizöl pro Jahr!

„Glocke“ geht auf mittelalterlichen Domstift zurück

Bei der Bremer Glocke handelt es sich um ein Konzerthaus, welches in der heutigen Bauweise seit 1928 existiert. Die Geschichte des Gebäudes geht jedoch bis ins frühe Mittelalter zurück. Damals stand an der Stelle ein Domstift mit seitlichem Anbau, der Teil eines Klosters war und aufgrund seines Aussehens angeblich den Namen „Glocke“ erhielt. Als Konzertsaal wurde das Gebäude ab dem 19. Jahrhundert genutzt.

Der gesamte Domstift wurde 1915 durch einen Großbrand zerstört. Der Neubau wurde im Art decó Stil konzipiert, der beispielsweise auch beim Chrysler Building in New York Verwendung fand. Ursprünglich sollte der erhalten gebliebene Kreuzgang integriert werden, was jedoch beim Bau nicht umgesetzt wurde.

Allerdings wurde der Grundriss des alten Domstifts übernommen und an der Domsheide ein großer Treppengiebel integriert. Das entstandene Konzerthaus hat einen großen Saal mit 1400 Plätzen und einen kleinen Saal mit 391 Plätzen.

Seit 1973 ist das Gebäude denkmalgeschützt. Zwischen 1995- 1997 gab es Sanierungsmaßnahmen. Energieeffizienzmaßnahmen einschließlich der Wärmedämmung wurden 2009 durchgeführt.

Außen- und Innendämmung aus Denkmalschutzgründen nicht möglich

In dem Bremer Konzerthaus finden jährlich über 300 Veranstaltungen statt. Auch die Aufbewahrung historischer Instrumente macht eine konstante Raumtemperatur oberhalb von 20°C erforderlich. Dadurch muss das Gebäude während der Heizperiode durchgehend beheizt werden.

Der jährliche Heizölverbrauch belief sich in den Jahren 2004 bis 2008 auf 120.000 bis 124.000 Liter. Entsprechend lagen die Heizkosten 2004 bei 40.500 € und stiegen durch die Heizölpreisentwicklung bis 2008 auf 70.000 € und damit um mehr als 70%.

Der Heizölverbrauch und die Prognosen zur Heizkostenentwicklung machten Energieeffizienzmaßnahmen erforderlich. Bei der Planung der Dämmmaßnahmen mussten jedoch die gebäudebezogenen Gegebenheiten berücksichtigt werden.

Denn viele Bauteile der Bremer Glocke konnten nicht gedämmt werden. Dies galt auch für die Außenwand. Eine Außen- und Innendämmung war aus Denkmalschutzgründen nicht möglich und wäre vom Betreiber vermutlich auch nicht gewollt gewesen, da dadurch die besondere Optik eingebüßt hätte.

Nur Dämmung der abgehängten Decke möglich

Es gibt kein zweischaliges Mauerwerk, welches verfüllt werden könnte. Dadurch konnte als einziges Bauteil die Decke energetisch saniert werden. Bei dieser handelt es sich um eine abgehängte Decke mit Stuckelementen. Technisch gesehen entspricht dies einer obersten Geschossdecke.

Durch die abgehängte Decke wird beheizter und unbeheizter Raum getrennt. Die Gesamtfläche beträgt ca. 1000 m2. Die Aufhängung erfolgt mit Stahldrähten, welche in Abständen von circa einem Meter an der Decke angebracht sind. Ansatzweise gedämmt war die Decke durch aufliegende 2 cm dicke Torfplatten, die aufgrund ihrer Wärmeleitfähigkeit und Dicke praktisch keinen Effekt hatten.

Eine Statik war für die Decke nicht vorhanden. Die Deckenkonstruktion hat einen wesentlichen Anteil an der einzigartigen Akustik des Konzerthauses. Die aufgehängte Decke kann wie ein Resonanzkörper mitschwingen. Dies musste bei der Planung und Durchführung der Dämmarbeiten berücksichtigt werden.

Rieselfähige Schütt- oder Aufblasdämmstoffe konnten nicht verwendet werden

Die Besonderheiten der Konstruktion und die hohen Anforderungen an Raumklima und Akustik stellten eine Herausforderung an die Dämmmaßnahme dar. Bereits im Jahr 2007 wurden die Planungen begonnen, die Durchführung erfolgte erst Anfang 2009.

Eine Dämmung mit Matten- oder Plattendämmstoffen wurde direkt ausgeschlossen. Zum einen war die abgehängte Decke nicht begehbar, wodurch eine Verlegung der Dämmstoffe nicht möglich gewesen wäre. Zum anderen hätten die Stahldrähte der Deckenaufhängung eine lückenlose Verlegung stark behindert.

Rieselfähige Schütt- oder Aufblasdämmstoffe konnten nicht verwendet werden, da Undichtigkeiten nicht ausgeschlossen werden konnten und somit die Gefahr von Durchrieselungen bestand. Als einzige Möglichkeit bot sich das Aufblasen eines faserförmigen Dämmstoffes an.

Raumklima und Akustik stellten besondere Anforderungen

Zur Auswahl standen damals faserförmige Einblasdämmstoffe wie Zellulose und Steinwolle. Bei der Entscheidung musste Arnold Drewer drei Aspekte berücksichtigen:

  • Statik
  • Akustik
  • Brandschutz

Für die Statik und Akustik war ein Dämmmaterial mit geringen Dichten vorteilhaft. Von Statikern wurde die maximal zulässige Belastung auf 10 kg/m² festgelegt. Somit hätten viele Materialien verwendet werden können. Jedoch wurde durch die Dichte des Dämmstoffes die maximale Dämmdicke limitiert.

Durch die höhere Dichte von Steinwolle hätten maximal 12,5 cm aufgebracht werden können. Dies hätte nicht einmal gereicht, um die Anforderungen der EnEV zu erfüllen. Wegen der geringeren Dichte von Zellulose war eine Dämmdicke von 30 cm möglich. Entsprechend wäre der erreichte Dämmstandard höher als bei einer Dämmung mit Steinwolle.

Der dritte wichtige Aspekt war der Brandschutz. Während Steinwolle als mineralischer Dämmstoff als nicht brennbar (A1) eingestuft ist, gelten Zelluloseeinblasdämmstoffe in der Baustoffklasse B2 als normal entflammbar. Eine genauere Klassifikation nach EN ISO 9239-1 führte jedoch zu einer Einstufung des Zellulosedämmstoffes in die Kategorie B-s2, d0 und somit als schwer entflammbar (B) mit begrenzter Rauchentwicklung (s2) und ohne Abtropfen oder Abfallen des Dämmstoffs bei Feuer (d0). Deswegen war die Verwendung von Zellulose auch aus Brandschutzgründen möglich.

Wenn auch nachrangig betrachtet, hatte der Zellulosedämmstoff auch aus finanzieller Sicht Vorteile. Die Materialkosten waren um das 3-fache günstiger als die damals erhältliche Steinwolle.

Die Dicke des Dämmstoffes hatte nur einen geringen Anteil an den Gesamtkosten und entsprach in etwa dem höheren Materialverbrauch. Dadurch wurde entschieden, die aus statischer und akustischer Sicht maximal mögliche Dämmdicke von 30 cm aufzublasen.

Durchführung: Die Dämmarbeiten selber gestalteten sich als unproblematisch

Bevor die Dämmung durchgeführt werden konnte, war eine Genehmigung der Feuerwehr und des Bauordnungsamtes erforderlich. Den Dämmarbeiten vorausgehend waren Industriekletterer gefordert, Undichtigkeiten, Schlitze und Öffnungen zu schließen.

Die Dämmarbeiten selber gestalteten sich als unproblematisch. Durch ein Fenster an der Giebelseite konnten die Einblasschläuche in das Konzerthaus eingeführt werden. Oberhalb der abgehängten Decke gab es einzelne Gehsteige, über die Bauarbeiter an alle Stellen gelangten und somit eine gleichmäßige Dämmung gewährleistet konnten.

In den Gesamtkosten der Dämmmaßnahme sind neben den tatsächlichen Dämmarbeiten auch Kosten für Planung, Kletterarbeiten und übrige Gewerke enthalten. Insgesamt betrugen sie 71.000 €. Davon machte die Dämmung mit 25.000 € etwa 30% aus. Die reinen Materialkosten für die Zellulose lagen bei etwa 6.250 €.

Einzel-Kosten der Dämmmaßnahme

  • Planungskosten: 15.000€
  • Dämmung: 25.000€
  • Kletterarbeiten: 20.000€
  • Übrige Gewerke: 11.000€

Das Ergebnis: Dämmung reduziert Heizkosten um 30%!

Vor der Dämmmaßnahme betrug der Heizölverbrauch durchschnittlich 122.000 Liter jährlich. Durch die Energieeffizienzmaßnahme konnte der Verbrauch auf unter 100.000 Liter gesenkt werden.

Vergleicht man den tatsächlichen Verbrauch von 2010 mit dem aufgrund der Heizgradtage erwarteten Verbrauch von 130.000 Liter Heizöl, entspricht dies einer Verminderung um 39.500 Liter bzw. 30%.

Entsprechend lagen auch die Heizkosten 30% unterhalb des Wertes ohne vorgenommene Dämmung. Durch jährliche Einsparungen, beginnend mit circa 20.000 € im Jahr 2010, amortisierte sich die Maßnahme bereits 4 Jahren.

Auch aus Gründen des Klimaschutzes lohnte sich die Maßnahme. So konnte der CO2-Ausstoß des Gebäudes um jährlich 110 Tonnen gesenkt werden.

Steckbrief
Projektnummer:
3037
Objekt:
Konzerthaus
Ort:
Bremen (Altstadt)
Beteiligte Unternehmen:
Arnold Drewer vom IPEG-Institut
Eingesparte Tonnen CO2 pro Jahr:
110,00
Baujahr:
2009


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Projektnummer:
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Objekt:
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Eingesparte Tonnen CO2 pro Jahr:
110,00
Baujahr:
2009

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