"Wir müssen die Debatte über den notwendigen Netzausbau zur Integration der Erneuerbaren Energien dringend um die Verteilnetzebene erweitern. Der alleinige Blick auf die Übertragungsnetze greift zu kurz, denn die Einspeisung Erneuerbarer Energien erfolgt auf Grund des starken Wachstums im Bereich der Photovoltaik-Anlagen zunehmend auch über die Verteilnetze", sagte Roger Kohlmann, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) heute in Berlin zum Auftakt des "Treffpunkt Netze", auf dem eine vom BDEW in Auftrag gegebene Studie vorgestellt wurde. Die Untersuchung ermittelt, wie hoch der Ausbaubedarf in den deutschen Verteilnetzen zur Integration regenerativer Energien in die Stromversorgung bis zum Jahr 2020 ist. Analysiert wurden die notwendigen Investitionen anhand des von der Bundesregierung bis 2020 erwarteten Zubaus an installierter Wind- und Photovoltaik-Leistung.
Eine eindeutige Kostenschätzung wurde allerdings dadurch verhindert, dass die Bundesregierung, wenn es um den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft-Anlagen an Land geht, mit unterschiedlichen Zahlen arbeitet, so der BDEW. Das Szenario, auf dem das Energiekonzept der Bundesregierung fuße, gehe beispielsweise für das Jahr 2020 von einer installierten Leistung für Photovoltaik von 33,3 Gigawatt aus. Lege man diese Zahlen zu Grunde, lägen die notwendigen Investitionen laut BDEW-Studie bei bis zu 13 Milliarden Euro. Der konkrete Ausbaubedarf im Verteilnetz betrage dann rund 195.000 Kilometer.
Das Bundesumweltministerium (BMU) hingegen habe in seinem so genannten BMU-Leitszenario 2010 einen sehr viel höheren Wert angesetzt, nämlich einen Zubau von Wind- und Photovoltaik-Leistung von 51,8 Gigawatt. Diese Zahl habe die Bundesregierung nach Brüssel gemeldet. Auch für diesen Wert habe die Studie den konkreten Investitions- und Ausbaubedarf ermittelt: Das BMU-Leitszenario zu Grunde gelegt, ergeben sich bis 2020 notwendige Investitionen von bis zu 27 Milliarden Euro. Erforderlich ist dann insgesamt ein Zubau von rund 380.000 Kilometern im Verteilnetz-Bereich, so der BDEW. "Unabhängig davon, welcher der beiden von der Politik genannten Ausbau-Zahlen näher an der Realität liegen wird: Die BDEW-Studie zeigt überdeutlich den in beiden Fällen massiven Investitionsbedarf im deutschen Verteilnetz, wenn die Integration der Erneuerbaren gelingen soll", so Kohlmann.
Um diese Investitionen finanzieren zu können, brauche die Energiewirtschaft eine marktadäquate Regulierung. Andernfalls lasse sich das notwendige Kapital nicht aufbringen. "Die Renditen, die mit Investitionen in Übertragungs-, aber auch Verteilnetze in Deutschland zu erzielen sind, müssen mindestens der Attraktivität von alternativen Investitionen oder auch Kapitalmarktinvestitionen entsprechen. Angesichts der Dringlichkeit der Netzaus- und Umbaus müssen sie eigentlich sogar wesentlich attraktiver sein. Darüber hinaus wird sich auch ein Wettbewerb der Regulierungssysteme um die effizienteste Regulierung entwickeln", sagte Kohlmann.
Bei der Festlegung der Eigenkapitalverzinsung wäre es nach Auffassung des BDEW zielführend und sachlich korrekt, wenn sich die Bundesnetzagentur an den internationalen Vergleichsmärkten orientiert. Der heutige Wagniszuschlag für Investitionen in Energienetze liegt in Deutschland bei 3,6 Prozent und damit unterhalb sämtlicher Wagniszuschläge in der Europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks.
"Eines ist ganz klar: Höhere Wagniszuschläge im Ausland führen zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil für deutsche Netzbetreiber", so Kohlmann. Die Regulierung in Deutschland müsse einen ausreichenden Anreiz auch für Netzausbauinvestitionen nicht nur in den Übertragungsnetzen, sondern auch in den Verteilungsnetzen gewährleisten, so das Mitglied der Hauptgeschäftsführung abschließend.
Die Studie "Abschätzung des Ausbaubedarfs in deutschen Verteilungsnetzen aufgrund von Photovoltaik- und Windeinspeisungen bis 2020" kann >> hier in einer Kurzfassung heruntergeladen werden.
Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)