Ein neues Projekt der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg zeigt jetzt vorbildhaft, wie interkulturelles Wohnen im Alter aussehen kann, einerseits mit Hausgemeinschaften für Senioren mit und ohne Migrationshintergrund, die selbstbestimmt und gemeinschaftlich wohnen möchten. Andererseits mit einer Wohn-Pflegegemeinschaft für demenziell erkrankte Menschen türkischer Herkunft, die eine kultursensible Betreuung und Pflege benötigen.
Auf dem Grundstück auf der Veringstraße an der Ecke zum Veringweg in Hamburg-Wilhelmsburg ist mit einem innovativen Seniorenwohn-Neubau mit 18 Ein- und Zwei-Personen-Wohnungen und einer Wohn-Pflege-Gemeinschaft mit zehn Zimmern und jeweils einem Bad ein bundesweit beachtetes Modell für integratives Leben im Alter entstanden. Das Wohnhaus des hamburgischen Architekturbüros Gutzeit+Ostermann verbindet die speziellen Wohn- und Pflegebedürfnisse der Bewohner und wird zum Ort der interkulturellen Begegnung. Das spiegelt sich sowohl in der inneren Funktionalität des Gebäudes als auch in der Fassadengestaltung wider.
Durch die moderne Interpretation des orientalischen Girih Musters wird ein architektonischer Akzent gesetzt, der die interkulturelle Nutzung des Hauses widerspiegelt. Verwendet als gelaserte Sichtschutz- und Brüstungselemente sowie in der Glasur der speziell angefertigten Keramikfliesen, ist es ein wiederkehrendes Thema im Innen- und Außenbereich. Dabei entstehen spannende Ausblicke, Durchblicke und Schattenspiele. Besonders bei den verschiedenen öffentlichen Nutzungen des Hamams, des Teehauses und der Tagespflege im Sockelgeschoss wird das traditionell blaue Muster zum prägenden und identitätsbildenen Element des Gebäudes.
Die Putzfassade der drei Obergeschosse erinnert mit ihrer durchwirkten Oberfläche und Fugenausbildung an die hellen Natursteinfassaden des Orients, deren Farbspiel sich in den vielen gründerzeitlichen Gebäuden des Reiherstiegviertels wieder findet. Das bindet das neue Gebäude in seine Umgebung ein. Das abgerundete Volumen im Obergeschoss erzeugt mit seiner Ausrichtung eine Verbindung zum Stadtzentrum. Der Erker als klassisches Gestaltungselement gliedert die Fassaden und ermöglicht Aus- und Weitblicke entlang des Straßenraumes.
Die gewählte Grundrissstruktur der Wohngeschosse ermöglicht die Ausrichtung sämtlicher Wohnungen zur Sonne nach Westen, Süden oder Osten. Die Gemeinschaftsbereiche als zentrale Elemente der Wohngeschosse im Gebäudemittelpunkt ermöglichen den Bewohnern so sonnige Abende mit vielfältigen Blickbeziehungen in das Reiherstiegviertel. Die Wohnungsflure werden im Bereich der Wohnungszugänge zurückgesetzt um eine halbprivate Vorzone zur Wohnung zu erhalten, die insbesondere der türkischen "Schuhkultur" gerecht wird, und um die Flure räumlich aufzuweiten.
Zudem wird durch die kompakte Bauform und die hochwärmegedämmte Gebäudehülle der Heizenergiebedarf auf ein Minimum reduziert. Die Wärmeerzeugung erfolgt durch zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) im Untergeschoss, die Wärme fürs Haus und Strom für den Stadtteil produzieren.