Die Bioenergieförderung in Deutschland zeichnet sich weitestgehend durch unkoordinierte Einzelmaßnahmen aus, denen eine gemeinsame Leitlinie fehlt. Notwendig ist ein stimmiges Konzept für eine ökonomische und umweltpolitisch sinnvolle Nutzung der verschiedensten Formen von Biomasse als Energieträger.
Ein solches Konzept entwickeln die Umweltexpertinnen Bettina Kretschmer und Mareike Lange vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) in ihrem neuesten Kiel Policy Brief. Da das umweltpolitische Fernziel – ein globaler Preis für CO2 – nicht so rasch zu verwirklichen sein wird, machen sie Vorschläge für Übergangsmaßnahmen. "Eine Förderung sollte sich am Beitrag verschiedener Bioenergieträger zur Vermeidung von Treibhausgasen orientieren. Dabei darf man zugleich die Kosten- und Flächeneffizienz nicht vernachlässigen", so IfW-Expertin Lange.
Alle in Deutschland hergestellten Biokraftstoffe weisen beispielsweise relativ hohe Kosten der CO2-Vermeidung auf. Daher erscheint es kaum gerechtfertigt, hierzulande den Biomasseanbau zu fördern, um Biosprit daraus zu produzieren. Umweltpolitisch sinnvoller wären Importe von Biokraftstoffen aus Ländern mit geringeren Vermeidungskosten wie z.B. von brasilianischem Ethanol. Dabei sollte aber die Nachhaltigkeit der Herstellung konsequent überprüft werden. Dies ist eines der Ergebnisse der vorgestellten Studie zur effizienten Nutzung von Biomasse.
Anhand der Kriterien der Kosten- und Flächeneffizienz schneidet hiesiger Biosprit im Vergleich zu anderen Formen der Biomassenutzung schlecht, Bioethanol aus Zuckerrohr hingegen besser ab. Die 10%ige europäische "Biokraftstoffquote" macht daher wenig Sinn. Nachhaltiger erscheint es beispielsweise, die Erzeugung von Biogas aus Gülle zu fördern, was bereits geschieht, oder vermehrt auf den Einsatz von Hackschnitzeln in Heizkraftwerken oder Heizanlagen zu setzen.
In ihrer Analyse verweisen die Autorinnen darauf, dass die jüngsten gesetzgeberischen Aktivitäten – z.B. die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2008 – eine Reihe von Maßnahmen zu einer effizienteren Biomassenutzung enthalten. IfW-Expertin Kretschmer gibt aber zu bedenken: "Die einzelnen Förderprogramme sind nicht konsistent aufeinander abgestimmt, so dass keine einheitliche klimapolitische Ausrichtung erkennbar ist". Die Wissenschaftlerinnen setzen sich für eine vergleichbare Bemessungsgrundlage für alle Bioenergieaktivitäten ein. Grundlage hierfür könnte das Emissionshandelssystem der EU sein. Dessen einheitlicher Preis für CO2 setze unverzerrte Anreize für alle Formen der energetischen Biomassenutzung. Damit könnte ein erster Schritt getan werden, um ein System für einen global einheitlichen Preis für CO2-Emissionen zu etablieren. Es könnte sich eine Möglichkeit eröffnen, die Agenda des Kopenhagener Klimagipfels mit Leben zu erfüllen.
Quelle: Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel (IfW) - Pressemitteilung vom 17. Dezember 2009