In der niedersächsischen Universitätsstadt Göttingen versorgen Blockheizkraftwerke (BHKW) über Fernwärmenetze Haushalte mit Bioenergie aus der Region. Ursprünglich wurden die Motoren mit Erdgas betrieben, mittlerweile jedoch auf die Nutzung von Biogas umgestellt. Ein Teil des Biogases kommt direkt aus der Region. Für dieses Engagement ist Göttingen von der Agentur für Erneuerbare Energien jetzt als vorbildliche "Energie-Kommune" ausgezeichnet worden.
Die Göttinger Fernwärme wird zum Teil aus der Region versorgt: Über eine acht Kilometer lange Leitung wird Rohbiogas aus einer Anlage im benachbarten Rosdorf nach Göttingen transportiert. Dort fließt es in drei neue 650 Kilowatt Blockheizkraftwerke (BHKW), die mittels Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme erzeugen und so das historische Quartier am Botanischen Garten beheizen. "Das größte Potenzial für die Nutzung von Fernwärme liegt in verdichteten Innenstadtgebieten, in denen es die Erneuerbaren Energien ansonsten relativ schwer haben. Wir wollen daher die Fernwärme in der historischen Innenstadt deutlich ausbauen", berichtet die Leiterin des städtischen Fachdienstes Klimaschutz und Energie, Dinah Epperlein.
Das historische Quartier am Botanischen Garten steht stellvertretend für die Göttinger Innenstadt. Zwei Drittel der etwa 150 Bauwerke stehen unter Denkmalschutz, was Sanierungsmaßnahmen erschwert. Pro Jahr werden mehr als 13 Millionen Kilowattstunden Wärme verbraucht. In einem Modellprojekt ließ die Stadt daher untersuchen, wie hier dennoch eine CO2-freie Energieversorgung möglich ist. Für die Altbausanierung wurden fünf Gebäudetypen vom Fachwerkhaus bis zum 80er-Jahre-Bau identifiziert, die den Bestand weitgehend abdecken. Für jeden davon wurden der durchschnittliche Wärmebedarf und das maximale Einsparpotenzial erhoben. Gebäude, die sich nicht einordnen ließen, wurden individuell untersucht. Das Ergebnis überraschte alle Beteiligten: Je nach Typ lassen sich zwischen 36 und 47 Prozent sparen, im Durchschnitt sind es 39 Prozent.
Die Dämmung erfolgt dabei ohne Beeinträchtigung der denkmalgeschützten Dächer und Fassaden, da lediglich im Innenbereich, etwa an der Kellerdecke, und zur Rückseite hin gedämmt wird. Bei einem Anschluss aller Haushalte an das bestehende Fernwärmenetz können laut Studie durch ein weiteres Biogas-BHKW im Heizkraftwerk die restlichen Emissionen vollständig eingespart werden – auch im Strombereich wäre der Bedarf gedeckt. So würden knapp 2.500 Tonnen CO2 im Jahr vermieden. "Über die Fernwärme können wir die Erneuerbaren Energien in die Stadt hineintragen", freut sich Dinah Epperlein. "So haben wir die Chance, das Quartier vollkommen CO2-frei zu versorgen." Das Konzept soll nun auf den Rest der Innenstadt ausgeweitet und der Fernwärmeanschluss Stück für Stück erweitert werden.