Laut Energiekonzept der Bundesregierung soll der deutsche Gebäudebestand im Jahr 2050 klimaneutral sein. Konkret soll von 2005 bis 2020 der Wärmeenergiebedarf der Gebäude um 20% sinken, der Primärenergiebedarf um 80% bis 2050. Hierzu bedarf es vor Allem energieeffizienter Bauteile, die natürlich auch Kosten verursachen. Daher überrascht es nicht, dass sich beim Thema Gebäudeenergieeffizienz ökologische, ökonomische und soziale Interessen widerstreiten.
Studie entkräftet hohle Dämmwahn-Phrasen
Überraschend ist jedoch die zunehmende Emotionalisierung und „Entsachlichung“ der Diskussion, wenn seriöse Medien undifferenziert Phrasen wie „Stoppt den Dämmwahn“, „neue EnEV kommt Bauherren teuer zu stehen“ unters Volk bringen ohne dies durch repräsentative Beispiele zu untermauern. Dem Aufbau eines solchen Feindbildes begegnet nun die Studie "Preisentwicklung Gebäudeenergieeffizienz" des Beratungsunternehmens Ecofys und des Architekturbüros Schulze Darup & Kollegen im Auftrag der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF).
Neubaustandards teilweise sogar günstiger
Zu diesem Zweck wurde am Beispiel des Neubaus einer Doppelhaushälfte dargestellt, wie sich tatsächliche Kosten von 1990 bis heute im Lichte zunehmender gesetzlicher Anforderungen an die Energieeffizienz entwickelt haben. Untersucht wurden hier preisbereinigt auf das Jahr 2014 die Kosten der Komponenten Außenwand, Dach, Fenster und Heizungspumpe sowie die Kosten des gesamten Gebäudes. Zielgröße war hierbei ein Vergleich der Investitionskosten bzw. der monatlichen Belastung. Die Studie "Preisentwicklung Gebäudeenergieeffizienz" kommt zu dem Ergebnis, dass die Investitionskosten für Neubauten seit 1990 preisbereinigt nahezu konstant geblieben sind, die monatlichen Kosten (inkl. Energiekosten) gegenwärtiger und zukünftig geplanter Neubaustandards sogar günstiger sind bzw. werden.
Höherer Wärmeschutz fürs gleiche Geld
Zusammenfassend lassen sich die konkreten Ergebnisse für einzelne Kostenpositionen wie folgt konkretisieren:
- Porenbetonwand: die Investitionskosten sind trotz besseren Wärmeschutzes gemäß EnEV 2014 preisbereinigt sogar günstiger als bei den Pendants aus den Jahren 1990 und 2004.
- Kalksandsteinwand + WDVS: preisbereinigt sind die Investitionskosten für gleiche energetische Qualität kontinuierlich gesunken. Der Eigentümer bekommt heute einen höheren Wärmeschutz fürs gleiche Geld als noch vor 10 oder 20 Jahren.
- Dächer: preisbereinigt entsprechen die Investitionskosten von Dächern mit geringerem Wärmeschutz heute denen von 1990, Dächer mit höherem Wärmeschutz sind stetig günstiger geworden. Der Eigentümer bekommt heute viel mehr fürs Geld als vor 10 oder 20 Jahren.
- Fenster: Der Eigentümer bekommt heute preisbereinigt fürs gleiche Geld Fenster, die ganz erheblich mehr Wärmeschutz und Behaglichkeit bieten als vor 10 oder 20 Jahren.
- Heizungspumpen: die heutigen Hocheffizienzpumpen belasten den Eigentümer durch ihren sehr niedrigen Stromverbrauch finanziell weitaus weniger als vor 10 oder 20 Jahren.
- Gesamtgebäude: sowohl der heutige Neubau-Standard der EnEV 2014 als auch sämtliche hier betrachteten Zukunftsstandards führen zu einer niedrigeren monatlichen Belastung als die vergangenen Standards. Mit der heute verfügbaren Förderung und guter Planung können die Zukunftsstandards bereits heute die niedrigsten monatlichen Kosten aufweisen.
Kein Zusammenhang zwischen Baupreisen und EnEV
„Es gibt keinen nachweislichen Zusammenhang zwischen steigenden Baupreisen und den energetischen Anforderungen von EnEV & Co. Der mittlere Anstieg der Baukosten seit 1990 entspricht der allgemeinen Preissteigerung. Inflationsbereinigt sind die Kosten für hocheffiziente Bauteile und Materialien sogar gesunken,“ weiß Dr. Andreas Hermelink von Ecofys. Am besten zeige sich dies am Beispiel von Fenstern mit Dreischeiben-Isolierverglasung. Sie kosten inzwischen kaum noch mehr als Standardfenster. Erhöhte Effizienzanforderungen ließen diese ehemaligen Zukunftsprodukte zum Marktstandard werden. „Außerdem macht sich energieeffiziente Technik wegen der hohen Energiepreise nach wenigen Jahren bezahlt. Besonders deutlich zeigt sich das etwa am Beispiel von Heizungspumpen.“
Energieeffizientes Wohnen zukünftig noch günstiger
Der Co-Autor der Studie, Architekt Dr. Burkhard Schulze Darup fügt hinzu: "Sogar der Bau eines gut geplanten Passiv- oder Plusenergiehaus kostet heute höchstens 10 Prozent mehr. Die monatliche Belastung ist jedoch von Anfang an günstiger als bei einem Standardhaus.“ Für die kommenden zehn Jahre erwartet Schulze Darup bei einigen Bauteilen noch deutliche Preissenkungen durch ihren breiteren Einsatz und technischen Fortschritt: „Es ist davon auszugehen, dass Anfang der 2020er Jahre die monatlichen Kosten für das Wohnen bei deutlich erhöhten Energiestandards sogar eher günstiger sein werden, als in den Jahrzehnten davor.“