Die schleswig-holsteinischen Fernwärme-Preise schwankten 2012/2013 zwischen etwa 6 und 16 Cent je KWh. Vor allem die Kosten für den eingesetzten Brennstoff sowie die Anzahl der versorgten Verbraucher pro Netzkilometer (Wärmeliniendichte) sind von Bedeutung für die Höhe der Fernwärmepreise. Aus Sicht der Landeskartellbehörde ist bemerkenswert, dass auch bei Netzen mit grundsätzlich ähnlichen Strukturen eine große Preis- und Erlösspanne festzustellen ist.
Vertiefte Prüfung der Fernwärmepreise ab Sommer 2016
Die Landeskartellbehörde für Energie hat die befragten Unternehmen über diese ersten Ergebnisse informiert. Sie wird im Sommer 2016 die aktuellen Preise abfragen und dann die Fälle mit deutlich überdurchschnittlichen Preisen einer vertieften Prüfung unterziehen. Sofern sich nach einer solchen Prüfung ein Anfangsverdacht auf missbräuchlich überhöhte Preise ergibt, wird die Landeskartellbehörde dann entsprechende Verfahren einleiten.
Allerdings kann bei überdurchschnittlichen Preisen und Erlösen nicht automatisch von missbräuchlich überhöhten Preisen ausgegangen werden. Neben den strukturellen Besonderheiten des jeweiligen Netzes müssen sämtliche für das Fernwärmeversorgungsunternehmen vorteil- und nachteilhaften Umstände und Rahmenbedingungen bewertet werden.
Die Landeskartellbehörde für Energie Schleswig-Holstein wird die Strukturuntersuchung in den nächsten Monaten abschließen. Der Abschlussbericht mit näheren Informationen zu Inhalten und Umfang der Untersuchungen soll im ersten Quartal 2016 veröffentlicht werden. Er wird noch Erkenntnisse und Ausführungen enthalten, die über die Datenerhebung hinausgehen.
Hintergrund der schleswig-holsteinischen Strukturuntersuchung
Die Landeskartellbehörde für Energie ist im Referat für Energierecht und Energiepolitik des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume angesiedelt. Sie soll dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zufolge die soziale Marktwirtschaft auch für den Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung (Strom, Gas, Wärme) gewährleisten, indem sie gegen Wettbewerbsverstöße vorgeht.
Die Kartellbehörden (Bundeskartellamt, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Landeskartellbehörden) müssen beziehungsweise können auf Grundlage des GWB entsprechend ihrer Zuständigkeit auf verwaltungsrechtlicher Ebene gegen Unternehmen tätig werden, die gegen das GWB verstoßen. Das Bundeskartellamt ist in der Regel immer dann zuständig, wenn das wettbewerbsbeschränkende oder diskriminierende Verhalten über das Gebiet eines Landes hinausreicht. In den übrigen Fällen sind die Landeskartellbehörden zuständig.
In Deutschland unterliegen Strom- und Gaspreise keiner Genehmigungspflicht. Es gibt auch keine allgemeine nachträgliche Preiskontrolle. Gleiches gilt für Fernwärmepreise. Die Kartellbehörden können aber auf Grundlage der so genannten „nachträglichen Missbrauchsaufsicht“ (§§ 19, 20 sowie für Strom und Gas ergänzend § 29 GWB) tätig werden und zwar dann, wenn ein Energieversorgungsunternehmen eine marktbeherrschende Stellung innehat und ein begründeter Anfangsverdacht besteht, dass es diese Stellung ausnutzt, indem es zum Beispiel missbräuchlich hohe Preise von seinen Kunden verlangt.
Die nachträgliche Missbrauchsaufsicht GWB greift also nicht flächendeckend, sondern sie führt in einzelnen Verdachtsfällen von Amts wegen oder aufgrund von Hinweisen Dritter Kontrollen durch, um etwaige Verstöße gegen das GWB zu verfolgen. Ein Anspruch Dritter auf Einschreiten der Kartellbehörde besteht dabei nicht. Zur Überprüfung ganzer Sektoren steht den Kartellbehörden das Instrument der Sektoruntersuchung zur Verfügung; hierfür bedarf es keines Verdachts gegen ein bestimmtes Unternehmen.