In Deutschland wird zurzeit mehr Strom aus Windrädern als aus Wasserkraftwerken produziert. Und der Anteil der Windkraft steigt. Vor Allem in Bundesländern wie Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern bezieht der Verbraucher mehr als 30% aus Windenergie. Dieser Erfolg wird von den Stromkonzernen hingegen kritisch beurteilt. Laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind die Energieversorger nämlich verpflichtet Strom aus regenerativen Quellen abzunehmen. Die Betreiber der Anlagen erhalten dafür derzeit rund neun Cent pro Kilowattstunde. Da jedoch die so in das Netz eingespeisten Strommengen an der Strombörse (EEX) in Leipzig gehandelt werden, bildet sich der Marktpreis entsprechend des Angebots und der Nachfrage.
Je nach Wetterlage werden unterschiedlich hohe Strommengen in die Netze eingespeist. Mit zunehmendem Anteil an Windkraft, wird jedoch auch die Preisbildung diesbezüglich beeinflusst. Der Worst Case für die Stromkonzerne tritt dann ein, wenn besonders viel Wind weht und die Windkraftanlagen viel Strom liefern, die Nachfrage hingegen, zum Beispiel in der Nacht, stark zurück geht. Dann sinkt der strombörslich festgelegte Preis rapide und rutschte bisher sogar mehrfach ins Minus. Das bedeutet, dass die Stromkonzerne sogar Geld bezahlen mussten, um den Strom abzusetzen. Da die Gewinnmargen moderat statisch sind, der Anteil der Windkraft hingegen deutlich steigt, wächst das Risiko, als Übertragungsnetzbetreiber an der Strombörse hohe Verluste einzufahren.
Ein solcher Negativpreis soll zukünftig begrenzt werden. Da damit jedoch nur die Handelsmodalitäten geändert werden, sind generelle Lösungsmöglichkeiten gefragt: Um den bisher die wirtschaftliche Integration erneuerbarer Energien unterstützenden Strombörsenhandel in diesen Ausnahmefällen nicht aus dem Gleichgewicht kommen zu lassen, muss der Stromverbrauch bei Angebotsüberhängen bewusst erhöht werden, neue Speichertechnologien entwickelt werden oder Energie aus fossilen Brennstoffen nur dann eingespeist werden, wenn der Bedarf nicht durch Windkraft gedeckt werden kann. Um den Stromverbrauch in windstarken Zeiten zu erhöhen, müssten gewerbliche und industrielle Kunden ihre Produktionsprozesse verändern und zudem in dezentrale Wärme- und Kältespeichertechnik investieren, um ihren Bedarf vom Angebot zu entkoppeln. Private Kunden könnten durch Smart Metering den Einsatz vieler Haushaltsgeräte automatisch steuern lassen und Wärmepumpen einsetzen, die in Kombination mit großen Pufferspeichervolumina hauptsächlich dann Wärme produzieren, wenn auch der Wind wirklich weht. Intelligente Zähler und variable Abrechnungsmodelle verhelfen dann den Kunden zu günstigem Ökostrom und vermeiden Marktineffizienzen an der Strombörse.