Letzte Aktualisierung: 09.06.2021

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Heizen mit Erdgas: Klimakosten deutlich höher als angenommen

Die Verbrennung von Erdgas zur Wärmeerzeugung ist weit klimaschädlicher als vielfach angenommen. Das macht die am 09.06.2021 veröffentlichte Studie „Was Erdgas wirklich kostet - Roadmap für den Gasausstieg im Wärmesektor“ deutlich. FÖS: Die Klimakosten von Erdgas sind weit höher als bisher angenommen und tragen in erheblichem Maße zu den Treibhausgas-Emissionen bei. Die FÖS-Studie kommt zudem zu dem Schluss, dass ab 2030 kein Erdgas mehr im Gebäudebereich nötig ist.

In einer neuen FÖS-Studie werden die Klimakosten des im Gebäudesektor verbrauchten Erdgases quantifiziert - inklusive der Methanleckagen in den Lieferketten. Wie der fossile Gasausstieg im Gebäudesektor konkret gelingen kann, wird anhand einer Roadmap dargestellt. (Foto: energie-experten.org)

In einer neuen FÖS-Studie werden die Klimakosten des im Gebäudesektor verbrauchten Erdgases quantifiziert - inklusive der Methanleckagen in den Lieferketten. Wie der fossile Gasausstieg im Gebäudesektor konkret gelingen kann, wird anhand einer Roadmap dargestellt. (Foto: energie-experten.org)

Die vom Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der EWS Elektrizitätswerke Schönau durchgeführte Untersuchung „Was Erdgas wirklich kostet - Roadmap für den Gasausstieg im Wärmesektor“ kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Verwendung von Erdgas im Wärmesektor in Deutschland jährliche Treibhausgas (THG)-Emissionen in Höhe von 91,5 bis 107,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten anfallen – wovon 87,1 Tonnen verbrennungsbedingt aus CO2-Emissionen stammen und rund 4,4 bis 20 Millionen Tonnen aus Methanleckagen entweichen.

Zum Vergleich: die gesamten CO2-Emissionen des Landes Berlin betrugen im Jahr 2019 etwa 17 Millionen Tonnen CO2. Nach dem Schadenskostenansatz für 2021 bedeutet das: Durch die Nutzung von Erdgas im Gebäudesektor entstehen Klimakosten von rund 18 bis 21 Milliarden Euro, wobei auf die besonders klimawirksamen Methanleckagen rund 0,9 bis vier Milliarden Euro entfallen.

Erdgas-Preis mit Klimakosten läge 3 bis 3,5 ct/kWh über aktuellem Gaspreis

Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) ist zwar ein erster Schritt zur Internalisierung der Klimakosten von Erdgas gemacht. Um die Klimaschäden vollständig einzupreisen, muss der Preis aber deutlich stärker steigen und bis 2030 einen Preis in Höhe von 215 Euro pro Tonne CO2 erreichen, so das FÖS.

Über das BEHG und die Energiesteuer seien laut Studie bisher nur Klimakosten in Höhe von ca. 1,1 bis 1,3 ct/kWh eingepreist. Knapp 75% der Klimaschadenskosten sind derzeit noch nicht berücksichtigt. Der Preis von Erdgas inklusive nicht-internalisierter Klimakosten läge daher etwa 50% (bzw. 3 bis 3,5 ct/kWh) über dem aktuellen Gaspreis.

Die bisher nicht-internalisierten Klimakosten durch die Nutzung von Erdgas im Gebäudesektor betragen zwischen 13 und 15,2 Mrd. Euro für das Jahr 2021 - knapp dreimal mehr als die Mittel, die zur Förderung der Energieeffizienz und erneuerbaren Energien im Gebäudebereich im Bundeshaushalt 2021 eingeplant sind, so die FÖS-Autoren.

Ab 2030 ist kein Erdgas mehr im Gebäudebereich nötig

Isabel Schrems, Autorin der Studie und Wissenschaftliche Referentin beim FÖS, hob bei der Vorstellung ihrer Analyse hervor, dass das Potenzial aus Solarthermie, Biomasse, Geothermie, Umweltwärme und Abwärme aus der Industrie im Jahr 2030 sehr hoch sei. Je nach verwendeten Szenarien wird das technische Potenzial für Wärme aus Solarthermie, Biomasse, Geothermie, Umweltwärme und Abwärme aus der Industrie im Jahr 2030 mit 1.403 bis 2.183 TWh beziffert.

Es ist damit fast doppelt so hoch wie der heutige Endenergieverbrauch im Wärmesektor. Zusammen mit der erwarteten weiteren Zunahme der Energieeffizienz sei es daher sehr wahrscheinlich, dass in Deutschland bis Ende des Jahrzehnts genügend erneuerbare Wärme erzeugt werden kann. Ein Ausstieg aus der Nutzung aller fossilen Energieträger im Gebäudebereich, inklusive Erdgas, sei machbar.

CO2-Preis muss steigen, auch für Methanemissionen

Der Ausstieg aus der Nutzung von Erdgas zu Wärmezwecken sollte laut FÖS sofort durch eine höhere CO2-Bepreisung, insbesondere über das BEHG, angereizt werden. Notwendig wäre ein ansteigender Preispfad, der spätestens im Jahr 2030 die Höhe der Klimaschadenkosten (215 Euro/t CO2) erreicht.

Zudem sollte die Bepreisung der Methanemissionen von Erdgasgewinnung und -transport vorgenommen und die Erfassung von Methanemissionen verbessert werden. In der Methanstrategie der EU sind dafür bereits Rechtsvorschriften vorgesehen, die noch in die Praxis umgesetzt werden müssen.

„Die Studie zeigt, dass die wahren Klimakosten durch Erdgas weit höher sind als der aktuelle Preis“, betonte Carolin Schenuit, geschäftsführende Vorständin des FÖS, „denn drei Viertel dieser Kosten sind bisher nicht im Preis berücksichtigt. Diese Kosten über den Brennstoffemissionshandel schnellstmöglich einzupreisen, ist klimapolitisch dringend angezeigt und logische Konsequenz aus dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.“

Umstellung auf erneuerbare Wärme muss stärker gefördert werden

Für eine erfolgreiche Wärmewende muss laut FÖS zudem das bestehende Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) reformiert werden und müssen direkte Förderungen von erneuerbarer Wärme in KWK-Anlagen eingeführt werden. Bisher ist die Förderung bei Umstellung von Kohle auf Gas deutlich höher als bei Umstellung auf erneuerbare Wärme.

Das FÖS fordert zudem, dass Erdgasheizungen nicht mehr gefördert werden dürfen, auch nicht in Kombination mit erneuerbaren Energien. Die bestehenden Subventionen führen zu einem weiteren Technologie-Lock-In für die nächsten 15 bis 20 Jahre.

Stattdessen sind weitere gezielte Förderungen wie Austauschprämien für Gasheizungen, Sanierungen mit hohen Effizienz-Standards sowie eine Förderung für effiziente Wärmenetze mit geringen Vorlauftemperaturen notwendig. Spätestens bei der Überprüfung des Gebäudeenergiegesetz (GEG) im Jahr 2023 sollten außerdem die Effizienzvorgaben für alle Gebäude deutlich verschärft und eine Austauschpflicht sowie das Einbauverbot für Gasheizungen ab 2026 festgelegt werden.

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