Letzte Aktualisierung: 04.03.2021
Verantwortliche für die Liegenschaften in Gewerbe und Industrie stehen kontinuierlich vor der Herausforderung, die laufenden Betriebskosten zu optimieren. Ein großer Kostenblock ist die zur Kühlung benötigte Energie. Warum also nicht auf die Freikühlung setzen und frische Luft nutzen? Der folgende Beitrag stellt Konzepte vor, wie Unternehmen kaltes Wasser oder kühle Umgebungsluft dazu nutzen, die Energieeffizienz durch eine freie Kühlung zu optimieren. Darüber hinaus gibt er Hinweise, was Firmen bei der Nutzung einer Freikühlung beachten sollten.
Wer von freier Kühlung im Zusammenhang mit Klimatechnik redet, meint damit nicht ein vollständig kostenfreies Kühlsystem. Vielmehr geht es darum, die Nutzung von Kompressor basierten Kältemaschinen soweit wie möglich zu reduzieren. Im Idealfall bis zu einem Punkt, an dem nur noch Energie für Lüfter und für eventuelle Pumpen zur Zirkulation kalten Wassers benötigt wird. Die Effizienz des Gesamtsystems hängt daher sehr stark von den jeweiligen klimatischen Bedingungen vor Ort ab: Eine freie Kühlung in Skandinavien wird deutlich günstiger arbeiten als an einem Standort in Südeuropa.
Bei der freien Kühlung nutzen Kühlanlagen das Konvektionsprinzip: Dem zu kühlenden Medium, meist ein Wasser-Glykol-Gemisch, wird mittels i.d.R. der Umgebungsluft die Wärme entzogen. Dies erfolgt über einen im Außenbereich aufgestellten sogenannten "Freikühler". Dieser kann zum Beispiel einen Lamellenwärmetauscher oder eine vergleichbare Wärmetauscher-Technologie enthalten, durch den das warme Wasser strömt. Hierbei wird dem Wasser seine Wärme entzogen.
Je größer die Kontaktfläche der Lamellen ist, desto effizienter arbeitet das Kühl-System. Über zusätzliche Ventilation lässt sich die durchströmende Luftmenge erhöhen und damit die Kühlleistung steigern. Daraus resultiert dann ein geringerer Energieaufwand für die Kälteerzeugung. Die erreichbare Vorlauftemperatur liegt jedoch hierbei nur knapp über dem Umgebungsmedium. Wird eine freie Kühlung mit Luft durchgeführt, so arbeiten Klimatechniker bei der Auslegung mit einem Richtwert von etwa plus drei Grad Celsius.
Bei der Realisierung einer freien Kühlung wird unterschieden in direkte und indirekte freie Kühlung. Die direkte freie Kühlung nutzt das Kühlmedium möglichst direkt, um damit die entstehende Wärme im Gebäude zu eliminieren. So werden in großen Anwendungen und bei passenden Umgebungsmedien- und -Temperaturen die Außenluft direkt zur Kühlung genutzt, indem sie direkt in den zu kühlenden Raum geblasen wird.
Gebäude, die direkt frei gekühlt werden, werden im Optimalfall quer zur vorherrschenden Windrichtung aufgestellt und häufig mit einem über die Gesamtlänge laufenden Dachaufsatz versehen werden. Über Lamellen in den Seitenwänden strömt dann kalte Luft ins Gebäude, während die warme Luft über die Dachkonstruktion abgeführt wird. Im Idealfall wird bei dieser Lösung lediglich für die Luftbewegung durch Lüfter zusätzliche Energie benötigt.
So einfach wie das Prinzip klingt, so kompliziert ist es, die prinzipiellen Nachteile dieser Methode auszugleichen. Die einströmende Luft muss nämlich über Filteranlagengereinigt werden. Außerdem sind Maßnahmen notwendig, um wetterbedingte Temperaturschwankungen auszugleichen. Über einen Mischer lässt sich beispielsweise einer zu kalten Außenluft gezielt warme Abluft aus der Kühlanwendung zuführen. Bei zu warmen Außentemperaturen muss jedoch ein Kältekompressor hinzu geschaltet werden.
Eine weitere Herausforderung ist die sich ständig verändernde Luftfeuchte, beispielsweise durch Regen. Zu feuchte, aber auch zu trockene Luft, kann die Wohnbehaglichkeit negativ beeinflussen oder die zu kühlenden Gegenstände selbst schädigen. Die zum Ansaugen der frischen Luft notwendigen Kanäle sind zudem meist sehr groß und verlangen einen sicheren Schutz vor Nagetieren und Insekten.
Mit dem Prinzip der adiabatischen Kühlung steht eine ergänzende Technologie bereit, um die Effizienz der direkten, freien Kühlung zu verbessern. Noch bevor die einströmende Luft auf einen Wärmetauscher trifft, wird sie mit zerstäubtem Wasser versetzt. Die feinen Tropfen führen dazu, dass das Wasser in dem warmen Luftstrom sofort verdunstet. Bei diesem Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand findet eine thermodynamische Zustandsänderung statt, durch die das Wasser der umgebenden Luft Wärme entzieht. Durch die dabei entstehende Verdunstungskälte ist es möglich, die Vorlauftemperatur eines Kühlsystems zusätzlich zu senken.
Eine der Herausforderungen dieser Methode liegt allerdings in der Gefahr einer Keimbildung. Überall dort, wo mit Wasser gearbeitet wird, besteht die Gefahr, dass sich Legionellen bilden können. Daher sind zusätzliche Schutzmaßnahmen notwendig, beispielsweise durch regelmäßige Reinigung, einen hohen Wasserdurchsatz oder die Abschirmung gegen Sonnenlicht.
Insgesamt betrachtet bieten adiabate Kühlsysteme viel Potenzial für die Energieoptimierung insbesondere in Kombination mit Techniken einer freien Kühlung. Sie verlangen jedoch eine präzise Planung und einen erfahrenen Experten für die Umsetzung.
Unter normalen Klimabedingungen in Westeuropa wird sich meist für eine indirekte, freie Kühlung entscheiden. Bei diesen indirekten Kühlsystemen kühlt die Außenluft eine Wärmeträgerflüssigkeit wie Wasser ab, die für die Kühlung innerhalb des Gebäudes verwendet wird. Das Wasser ist dabei also das Medium, mit dem die Kälte zur Kühlanwendung transportiert wird.
Vorteilhaft ist, dass Wasser die Wärme bis zu 4.000-mal besser ableitet als Luft. Ein weiterer Vorteil: Es wird keine Luftfeuchtigkeit von außen in das Gebäude getragen. Da auch keine Kühlluft von außen hinein geblasen wird, sind weniger Filtersysteme notwendig. Allerdings müssen mindestens ein Luft-/Wasser-Wärmetauscher sowie Pumpen im Kaltwassersystem vorhanden sein, der zum Betrieb elektrische Energie benötigt.
Viele Unternehmen bevorzugen eine solche Lösung mit indirekter Kühlung, da diese sauber ist und stabil sowie vorhersagbar arbeitet. Schwankende Wetterbedingungen und durch die Jahreszeiten ausgelöste Temperaturänderungen fängt diese Methode sehr gut auf.
Eine Sonderform der indirekten, freien Kühlung, stellt das Kühlen eines Gebäudes mit Erdwärmesonden dar. Das Kühlmedium Wasser, das durch betonkernaktivierte Elemente oder eine Fußbodenheizung bzw. Deckenkühlsystem fließt, wird über einen Wärmetauscher von der die Sonden durchströmenden Sole abgekühlt. Die Sole wird wiederum nicht von der Außenluft, sondern von der "Erdwärme" abgekühlt, die im Sommer in der Regel ausreichend niedrig ist, um die Wärme aus den Räumen abzuführen.