Gas- & Strompreisbremse: 80 Prozent von was eigentlich?
Seit gestern sind die Strom- und Gaspreisbremsen Gesetz: Der Deutsche Bundestag hat gestern in zweiter und dritter Lesung die Gesetzentwürfe für die Strom-, Gas und Wärmepreisbremsen verabschiedet. Mit diesen Preisbremsen und den Härtefallhilfen u.a. auch für Heizöl-, Pellet- und Flüssiggas-Heizungen sollen Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie die Wirtschaft von den durch den russischen Angriffskrieg verursachten Preissteigerungen entlastet werden.
Gesetzentwürfe zur Bremse von Strom- und Gaspreisen verabschiedet
Bereits am Vortag hat der Ausschuss für Klimaschutz und Energie die Gaspreisbremse und die Strompreisbremse auf den Weg gebracht und dem "Gesetzentwurf zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschriften" (20/4683) und dem "Gesetzentwurf zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen" (20/4685) mehrheitlich in jeweils geänderter Fassung zugestimmt.
Die Gesetzentwürfe sehen vor, dass die Strom-, Gas- und Wärmpreise auf 80 Prozent des Verbrauchs nach oben begrenzt werden und nicht mehr über diese Grenzen hinaus steigen. Die Gas- und Strompreisbremse gelten ab März 2023 auch rückwirkend für die Monate Januar und Februar 2023 und wirken für das gesamte Jahr 2023. Eine Verlängerung bis zum April 2024 ist angelegt, müsste dann aber noch gesondert entschieden werden.
Die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen sind das Herzstück des wirtschaftlichen Abwehrschirms (Scholz „Doppel-Wumms“) mit einem Volumen von insgesamt 200 Milliarden Euro. Durch eine Abschöpfung von Zufallsgewinnen sollen auch Stromerzeuger an der Finanzierung der Preisbremsen beteiligt werden.
Gaspreisbremse: 80% der Abschlagszahlung von September 2022
Das Gesetz für die Gas- und Wärmepreisbremse sieht vor, dass für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen mit einem Gas- und Wärmeverbrauch bis zu 1,5 Mio. kWh im Jahr sowie für Pflegeeinrichtungen der Gaspreis auf 12 Cent brutto pro Kilowattstunde und für Wärme auf 9,5 Cent brutto pro Kilowattstunde begrenzt wird. Bei Zentralheizungen für mehrere Wohneinheiten müssen die Hausverwaltung oder die Vermieterinnen und Vermieter die Entlastung über die Nebenkostenabrechnung weitergeben.
Gemäß § 10 "Entlastungskontingent" (1) Punkt 1 des „Gesetzentwurfes zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschriften“ ist die 80%-Regelung wie folgt definiert:
"Der Entlastungsbetrag wird gewährt für ein Entlastungskontingent in Kilowattstunden pro Kalenderjahr. Dieses Entlastungskontingent beträgt für Entnahmestellen von Letztverbrauchern 80 Prozent des Jahresverbrauchs, den der Erdgaslieferant für die Entnahmestelle im Monat September 2022 prognostiziert hat; dabei ist bei Letztverbrauchern, die im Wege einer registrierenden Leistungsmessung beliefert werden, die vom zuständigen Messstellenbetreiber gemessene Netzentnahme für den Zeitraum des Kalenderjahres 2021 an der betreffenden Entnahmestelle maßgeblich."
Für SLP-Kunden ist damit die Abschlagsrechnung aus September entscheidend, für alle anderen das Vorjahr bzw. der Vorjahresverbrauch.
Für den Verbrauch, der dieses Kontingent übersteigt, muss weiterhin der vertraglich vereinbarte Preis gezahlt werden. Damit werden Einsparanreize erhalten, denn wer mehr Energie einspart, spart quasi zum neuen, teureren Preis, so dass sich Einsparungen auszahlen. Im März 2023 werden rückwirkend auch die Entlastungsbeträge für Januar und Februar 2023 angerechnet.
Die befristete Gas- und Wärmepreisbremse soll ab Januar 2023 auch der von den hohen Preisen betroffenen Industrie dabei helfen, Produktion und Beschäftigung zu sichern. Der Preis pro Kilowattstunde Gas wird für Industriekunden auf 7 Cent netto gedeckelt. Bei Wärme liegt dieser Preis bei 7,5 Cent netto. Diese gesetzlich festgelegten Preisobergrenzen gelten für 70 Prozent des Jahresverbrauchs im Jahr 2021. Hierfür sieht der Gesetzentwurf eine analoge Regelung zur Berechnung des Entlastungskontingents vor.
Strompreisbremse: 80% der aktuellen Verbrauchsprognose entscheidend
Das Gesetz zur Strompreisbremse soll ebenfalls vom 1. März 2023 bis 30. April 2024 gelten. Im März werden auch hier rückwirkend die Entlastungsbeträge für Januar und Februar 2023 angerechnet.
Der Strompreis für private Verbraucher sowie kleine Unternehmen (mit einem bisherigen Stromverbrauch von bis zu 30 000 kWh pro Jahr) wird bei 40 ct/kWh brutto, also inklusive aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte, begrenzt. Auch diese Strompreisbremse gilt für den Basisbedarf von 80 Prozent des vom Netzbetreiber prognostizierten Jahresverbrauchs.
Für mittlere und große Unternehmen (mit einem bisherigen Stromverbrauch von mehr als 30 000 kWh pro Jahr) liegt die Grenze bei 13 Cent zuzüglich Steuern, Abgaben und Umlagen für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs.
Die Referenz bildet in beiden Fällen der "historische Netzbezug". Gemäß § 6 des "Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen" beträgt das Entlastungskontingent pro Kalendermonat
"im Fall von Netzentnahmestellen, die über standardisierte Lastprofile bilanziert werden, der aktuellen dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen vorliegenden Jahresverbrauchsprognose für die Netzentnahmestelle geteilt durch zwölf oder im Fall von Netzentnahmestellen, die nicht über standardisierte Lastprofile beliefert werden, der Netzentnahme, die der zuständige Messstellenbetreiber für das Kalenderjahr 2021gemessen oder anderweitig festgestellt hat, geteilt durch zwölf".
Die historische Netzentnahme wird im Fall von nach Standardlastprofil (SLP) abgerechneten Entnahmestellen also bestimmt durch Rückgriff auf die von den Verteilnetzbetreibern geführte Jahresverbrauchsprognose.
Für Entnahmestellen, die nicht nach Standardlastprofil abgerechnet werden, wird die historische Netzentnahme bestimmt durch Rückgriff auf die Messungen der Messstellenbetreiber für das Kalenderjahr 2021. Für neue, nach dem 1. Januar 2021 eingerichtete Entnahmestellen wird der anzusetzende bisherige Verbrauch geschätzt.
Gemäß der aktuellen FAQ-Liste zur Strompreisbremse vom 15.12.2022 wird bei zeitvariablen Tarifen, zum Beispiel bei Haushalten mit Nachtspeicherheizungen, aber auch bei sogenannten real-time-pricing Tarifen, der monatliche Durchschnittspreis herangezogen, um den Entlastungsbetrag der Strompreisbremse zu berechnen. Dabei wird aber nicht der mengengewichtete Durchschnitt der verschiedenen Tarifstufen für die Entlastung herangezogen, sondern die Gewichtung erfolgt anhand der zeitlichen Gültigkeit der Tarifstufen.
Der zusätzliche Stromverbrauch neu installierter Wärmepumpen wird in den vergünstigten Basiskontingenten berücksichtigt. Im Fall von Wärmepumpen, die an SLP-Entnahmestellen installiert werden, erfolgt die Berücksichtigung durch Anmeldung beim Versorger und entsprechende Korrektur der Jahresverbrauchsprognose. Im Fall von Wärmepumpen, die an Nicht-SLP-Entnahmestellen installiert werden, wird das Kontingent entsprechend der vorliegenden Verbrauchsdaten geschätzt.
Viele Beispiele zur Berechnung der konkreten Entlastungen für Familien finden Sie im "Überblickspapier der Bundesregierung zur Gas- und Strompreisbremse"