Letzte Aktualisierung: 17.07.2020
Die Bauteile einer alten Windkraftanlage können, sofern diese nicht in anderen Anlagen zum Einsatz kommen, zum Großteil recycelt werden. Hierzu zählen auch seltene Erden wie Neodym. Bauteile wie z. B. GFK-Rotorblätter, die nicht recycelt werden können, lassen sich problemlos thermisch verwerten. Lediglich Windkraftanlagen der neuesten Generationen weisen Konstruktionen auf, für die spezielle Recycling- und Entsorgungswege entwickelt werden müssen. Am 17. Juli 2020 veröffentlichte das Deutsche Institut für Normung (DIN) e. V. die DIN SPEC 4866 „Nachhaltiger Rückbau, Demontage, Recycling und Verwertung von Windenergieanlagen“, die erstmals Branchenstandards für das Recycling von Windkraftanlagen definiert.
Das Unternehmen Remondis rechnete 2017 mit bundesweit mehr als 9000 Tonnen Recyclingmaterial aus Rotorblättern alter Windkraftanlagen und einem Anstieg auf rund 16 000 Tonnen jährlich bis 2021.
Bereits zum Jahreswechsel 2020/2021 endet für etwa 5.200 Windenergieanlagen die 20-jährige Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), weitere 8.000 Windenergieanlagen folgen bis Ende 2025. Ein Teil dieser Windenergieanlagen wird bereits vorzeitig im Rahmen eines Repowering ersetzt, andere werden über die Förderperiode hinaus weiterbetrieben.
Veolia rechnet daher ab 2021 mit einer Rückbauwelle: Etwa 30.000 Windenergieanlagen drehen sich derzeit auf Wiesen und Feldern in ganz Deutschland – und jede zweite wird bis 2030 das Ende ihrer Lebensdauer erreichen, weil sie entweder am Ende ihrer Laufzeit angekommen sind oder sich der Weiterbetrieb wirtschaftlich nicht mehr lohnt.
Windenergieanlagen (Windkraftanlagen, sogenannte Windräder) bestehen aus mehreren Bauelementen (Rotor mit Nabe; Rotorblätter; Maschinengondel, die den Generator und häufig ein Getriebe beherbergt; Turm; Fundament), die aufgrund der begrenzten technischen Lebensdauer oder aufgrund der technischen Weiterentwicklung (Repowering) in gewissen zeitlichen Abständen erneuert werden. Wenn diese Bauelemente nicht an anderen Standorten wiederverwendet werden können, sind diese auf der Grundlage der Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes als Abfall zu entsorgen.
Für den Rückbau und das Recycling von Windenergieanlagen hat das Deutsche Institut für Normung e. V. 2020 in der DIN SPEC 4866 „Nachhaltiger Rückbau, Demontage, Recycling und Verwertung von Windenergieanlagen“ offizielle Empfehlungen veröffentlicht, die als Branchenstandard für das Windrad-Recycling gelten sollen.
Die DIN SPEC 4866 legt Rahmenbedingungen für den gesamten Rückbau-Prozess fest – von der Planung über die Durchführung bis zur Dokumentation und bietet u.a. den Betreibern eine erste Hilfestellung an.
So gibt die DIN SPEC 4866 beispielsweise Empfehlungen, wie die Baustelle gesichert werden muss und welche Qualifikationen die Arbeiter benötigen, die den Rückbau durchführen. Sie beschreibt, wie Rotorblätter, Turm und Gondel zerlegt werden sollten und welche Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind, damit keine schädlichen Stoffe in die Umwelt gelangen.
Sie erläutert auch, welche Bestandteile der Windenergieanlage sich auf welche Weise verwerten lassen, wie der Rückbau dokumentiert werden muss und welche behördlichen Genehmigungen für den Rückbau in welchem Bundesland notwendig sind.
Die Empfehlungen helfen Windrad-Betreibern und spezialisierten Unternehmen, Rückbauprojekte zu planen und durchzuführen. Sowohl die Betreiber von Windparks als auch Abriss- und Recycling-Unternehmen können sich damit auf ein standardisiertes Vorgehen einigen. Darüber hinaus hilft die DIN SPEC 4866 auch Kommunen und Behörden, den Rückbau zu überwachen und zu beurteilen.
Die Türme der Windkraftanlagen bestehen überwiegend aus Stahlbeton oder Stahl und lassen sich somit problemlos und vollständig recyceln. Dieses gilt auch für die Metalle, die für die Herstellung der Maschinengondel, des Generators, des Getriebes und die Befestigung der einzelnen Bauelemente verwendet worden sind. Das Gehäuse der Maschinengondel und die Rotorblätter von Windkraftanlagen, die zurzeit erneuert und einer Entsorgung zugeführt werden, bestehen in der Regel aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK).
GFK-Abfälle (Rotorblätter von Windkraftanlagen, GFK-Produktionsrückstände aus der Automobil-, Freizeit- und Elektroindustrie sowie Boote und Flugzeuge), können zu Ersatzbrennstoffen (EBS) aufbereitet werden, die als Substitut in der Zementindustrie eingesetzt werden und sowohl Energie als auch Primärrohstoffe (SiO2) ersetzen.
Die vorgenannten Bestandteile von Windenergieanlagen können nahezu vollständig verwertet werden. Dieses gilt auch für die Rotorblätter von Windenergieanlagen aus GFK, wenn diese nach einer entsprechenden Aufbereitung zur Substitution von Energie- und Rohstoffträgern für die Herstellung von Zement eingesetzt werden. Auch die aus GFK-Rotorblättern hergestellten Ersatzbrennstoffe können zurzeit vollständig verwertet werden. Steigt der Umfang der zu entsorgenden Windkraftanlagen, so gehen Experten davon aus, dass der Entsorgungsmarkt hierauf reagiert und ggf. weitere Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden.
Noch nicht gelöst ist die Entsorgung der neuen Generation von Rotorblättern von Windenergieanlagen aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK). Hierzu gibt es jedoch bereits Bemühungen, geeignete Entsorgungsmöglichkeiten für diese Windkraftanlagenabfälle zu identifizieren.
Experten-Wissen: Das Umweltbundesamt (UBA) hat in der Studie "Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen für einen ressourcensichernden Rückbau von Windenergieanlagen" festgestellt, dass beim Rückbau von Windenergieanlagen hauptsächlich Beton und Stahl anfallen, aber auch Kupfer und Aluminium. Diese Mengen sind durch die bestehende Recyclinginfrastruktur jedoch gut zu verarbeiten. Ungewissheit gibt es beim zukünftigen Recycling der Rotorblätter. Hier fallen laut Prognose vor allem ab 2024 relevante Mengen an. Sie sind bislang jedoch schwer zu verwerten. In Deutschland bestand bis 2019 lediglich eine einzige Verwertungsanlage für GFK/CFK-Abfälle.
Auch seltene Erden werden in Windkraftanlagen verbaut und müssen danach entsorgt bzw. recycelt werden. Eine dieser seltenen Erden ist Neodym und Bestandteil vieler getriebeloser Windräder mit sogenannten permanenterregten Generatoren. Windenergieanlagen mit elektrisch erregtem Synchrongenerator arbeiten hingegen ohne Permanentmagnete.
Neodym kommt in natürlicher Form nur in chemischen Verbindungen vergesellschaftet mit anderen Lanthanoiden vor. Die Gewinnung von Neodym mittels Trennung vom geförderten Gestein gilt es umweltbelastend. Zudem werden radioaktive Elemente wie Uran oder Thorium freigesetzt.
Experten-Wissen: Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Kritische mineralische Ressourcen und Stoffströme bei der Transformation des deutschen Energieversorgungssystems" (Abschlussbericht, Wuppertal Institut, 2015) wird für heutige Windkraftanlagen mit permanenterregten Generatoren ein mittlerer spezifischer Bedarf von Neodym in Höhe von 201,5 kg/MW bei Anlagen mit Direktantrieb (getriebelos), 49,6 kg/MW bei Anlagen mit Getrieben mittlerer Geschwindigkeit und 24,8 kg/MW bei Anlagen mit Getrieben hoher Geschwindigkeit ermittelt. Eine belastbare Hochrechnung des Neodymeinsatzes auf den Anlagenbestand ist angesichts der unterschiedlichen technischen Anlagenkonzepte und unterschiedlicher Anlagengenerationen nicht möglich.
Das Recycling von Neodym aus Windkraftanlagen ist grundsätzlich möglich. Es ist davon auszugehen, dass dies in künftigen Recyclingprozessen erfolgen wird, denn da nur wenige Elemente der Seltenerdgruppe verbaut sind, ist deren Trennung und Wiedergewinnung mit weitaus geringerem Aufwand und damit ökonomisch und ökologisch wesentlich besser als die Gewinnung aus Primärrohstoffen zu erreichen. Geeignete Recyclingverfahren sind bereits bis zum Labor- und Kleintechnikmaßstab entwickelt worden, deren industrielle Umsetzung wird allerdings erst möglich, wenn hinreichend große Abfallmengen zur Verfügung stehen.
Betreiber von Windenergieanlagen sind baurechtlich verpflichtet, die Anlagen nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Hierfür müssen Sie entsprechende Rücklagen bilden. Die Entscheidung, ob Anlagen oder Anlagenkomponenten verkauft und somit weitergenutzt werden oder einer Entsorgung zugeführt werden, ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung des Betreibers der Windkraftanlage. Zur Finanzierung von Rückbau und Entsorgung dienen neben den obligatorisch zu bildenden Rückstellungen vor Allem die Erlöse aus dem Verkauf zurückgewonnener Materialien (insbesondere Stahl sowie NE-Metalle).
Bislang werden gerade qualitativ hochwertige Windkraftanlagen vielfach auf dem internationalen Zweitmarkt veräußert. Ist dies nicht möglich, werden zumindest werthaltige Bauteile verkauft und die übrigen Anlagenbestandteile materialspezifisch der Verwertung zugeführt. Ein Großteil der Materialien - wie Kupfer aus den Kabeln, Stahl aus den Türmen sowie Beton aus den Fundamenten und teilweise aus den unteren Turmsegmenten - kann recycelt werden. Von den Hauptbestandteilen verbleiben in der Regel lediglich die Rotorblätter zur Entsorgung.
Min | Max | ||
---|---|---|---|
Rückbau | Gesamt | 74,96% | 80,42% |
Rückbau | Kran | 21,15% | 49,63% |
Rückbau | Fundament | 13,40% | 24,92% |
Rückbau | Abtransport | 5,76% | 11,85% |
Rückbau | Sonstige Kosten | 9,06% | 35,23% |
Entsorgung | Gesamt | 9,58% | 25,04% |
Entsorgung | GFK/ CFK | 1,30% | 15,18% |
Entsorgung | Beton | 5,98% | 12,63% |
Entsorgung | Elektroschrott | 0,26% | 1,36% |
Entsorgung | Betriebsflüssigkeiten | 0,10% | 0,77% |