Letzte Aktualisierung: 19.07.2019
Ein hydraulischer Abgleich des Warmwasser-Verteilsystems insbesondere der Heizkörper ist ein sinnvolles Optimierungsinstrument auf der "warmen Seite". Neben der ökonomischen und ökologischen Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme ist der hydraulische Abgleich zudem durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) vorgeschrieben. Grundsätzlich regelt der hydraulische Abgleich die Wasservolumenströme, um eine gleichmäßige und der Immobiliennutzung entsprechende Heizwärmeversorgung langfristig zu gewährleisten.
Grundsätzlich sollte die durch die Heizung erzeugte Wärme bedarfsgerecht in den zu beheizenden Räumen verteilt werden. In der Realität folgt das Heizungswasser jedoch dem geringsten Widerstand, sodass es auf dem kürzesten Weg zur Heizung zurückfließt und hauptsächlich die der Umwälzpumpe nächstgelegenen Heizkörper versorgt.
Hydraulisch ungünstig gelegene Heizkörper werden daher nicht ausreichend mit Warmwasser durchströmt. Dies führt sowohl zu nicht ausreichend beheizten Räumen, die weiter entfernt von der Zentralheizung liegen, und zu überheizten Räumen in der Nähe der Heizung. Gleichzeitig deuten Fließ- und Pfeifgeräusche in den Heizkörpern darauf hin, dass die Wärme ungleich verteilt wird.
Zu kleine Umwälzpumpen, zu geringe Vorlauftemperaturen oder ein zu kleiner Wärmeerzeuger werden dann als Ursache der mangelhaften Wärmeverteilung fälschlicherweise diagnostiziert. Auf dieses Fehlurteil folgen dann meistens auch die falschen Maßnahmen: Es werden zu große Pumpen eingebaut, die Vorlauftemperatur wird überhöht und eine Überdimensionierung des Wärmeerzeugers vorgenommen. Dies kann im schlimmsten Fall zu Strömungsgeräuschen führen und behebt meist nicht das Problem unterschiedlich versorgter Wohnräume.
Darüber hinaus geht ein erhöhter Energieverbrauch für die Wärmeerzeugung und für die Umwälzung des Warmwassers einher. Nur eine hydraulische Einregulierung, die für alle Heizflächen in einem Wärmeverteilungsnetz gleiche Widerstände erzeugt, kann diesen Teufelskreis beenden.
Experten-Tipp für Brauchwasser-Systeme: Auch bei einem Legionellenbefund hilft neben einer thermischen oder chemischen Desinfektion ein hydraulischer Abgleich, um langfristig einen wiederholten Befall durch ausreichend hohe Wassertemperatur im gesamten Leitungssystem (> 60°C) zu vermeiden. Dies erhöht zudem den Komfort für die Mieter und spart Wasser ein, da in den Wohnungen schneller warmes Wasser zur Verfügung steht.
Eine effiziente Heizungshydraulik basiert auf der Immobilie entsprechend eingestellten Umwälzpumpen. Diese sollten elektronisch regelbar sein und den Druck in allen Betriebsbereichen einhalten. Zudem sollte auf einen Bypass verzichtet werden, der das zuviel an Wassermenge über eine Verbindungsleitung zwischen Vor- und Rücklauf hinter der Umwälzpumpe zurückführt. Dieser erhöht nämlich nur die Rücklauftemperatur hinter dem Bypass und den Strombedarf, da der Differenzdruck in den meisten Fällen zu hoch ist.
Aber auch das Ausdehnungsgefäß muss an der richtigen Stelle eingebaut sein und einen dem Heizungssystem entsprechenden Vordruck berücksichtigen. Die Anbindungsstelle des Ausdehnungsgefäßes in die Heizungsanlage sollte dabei den Nullpunkt des Pumpenumtriebdrucks darstellen. In Anlagen mit mehreren Strängen sollte zudem über den Einbau weiterer Differenzdruckregler nachgedacht werden, um die einzelnen Anlagenabschnitte hydraulisch unabhängig voneinander zu machen.
Und natürlich müssen auch die Thermostatventile einstellbar sein. Ist dies nicht möglich, so müssen oftmals nicht alle Thermostate ersetzt werden, sondern je nach Hersteller können auch nur die Ventilköpfe ausgetauscht werden. In der Regel sind die in den letzten 10 bis 15 Jahren verkauften Thermostatventile jedoch für einen hydraulischen Abgleich voreinstellbar.
Vor Durchführung eines hydraulischen Abgleichs müssen die Anlagen- und Betriebsdaten der abzugleichenden Heizungsanlage erhoben werden. Daher sollte zunächst in Erfahrung gebracht werden, welche Auslegungstemperatur als Grundlage der Heizungsdimensionierung diente. Die Erfahrung zeigt dabei, dass im Heizungsbestand 3/4 aller Systeme mit 70/55 oder sogar 90/70 ausgelegt wurden und die Heizkörper zudem weit überdimensioniert sind.
Zudem muss berücksichtigt werden, dass alte Heizungsanlagen meist größere Leitungsquerschnitte haben und somit weniger Druckverluste in den Rohren als neue Anlagen mit geringen Leitungsquerschnitten und hohen Leitungsdruckverlusten. Darüber hinaus muss natürlich die Umwälzpumpeneinstellung, der jeweilige Raumwärmebedarf und die Durchflusswassermenge des Thermostatventils in den einzelnen Voreinstellbereichen mit dem anliegenden Pumpenvordruck mit einbezogen werden.
Falls einzelne Werte nicht zu ermitteln sind, so kann durchaus mit Näherungswerten eine Berechnung der für einen Heizkörper benötigten Wassermenge und eine optimale Voreinstellung des Thermostatventils erfolgen. Alle Ventilhersteller als auch einige Hersteller von Umwälzpumpe bieten zur Berechnung der Voreinstellungen EDV-Programme, Schieberegler oder auch Apps an, mit dem die Werte für den hydraulischen Abgleich sogar per Smartphone vor Ort berechnet werden können.
Berechnungsbeispiel: Legt man einen Wärmebedarf von 100W/m2, eine durchschnittliche Fensterfläche und -qualität und durchschnittliche Außenwände zu Grunde, so ergibt sich bei einer Raumgröße von 20 m2 ein Raumwärmebedarf von 2000 Watt. Ist die Heizkurve nach 90/70 eingestellt, so resultiert ein Durchflusswassermengenbedarf von ca. 0,1 m3/h. Ist die Pumpe auf 2 m eingestellt, so ergibt sich für ein Ventil in den Größen von 3/8" bis 3/4" ein Voreinstellwert 3,5.
Zur Berechnung des hydraulischen Abgleichs waren bei einer Einzelmaßnahme zwei Verfahren zulässig.
Verfahren A | Verfahren B | Neubau Effizienzhaus | Sanierung Effizienzhaus |
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Ermittlung der Heizflächendurchflüsse anhand einer abgeschätzten Heizlast (z. B. nach Baualtersklasee (W/m2) oder installierter Heizflächengröße) | Raumweise Heizlastberechnung in Anlehnung an DIN EN 12831 inkl. Relevanter Beiblätter. Vereinfachungen sind möglich (z. B. U-Werte nach Typologien) | Raumweise Heizlastberechnung, z. B. nach DIN EN 12831 inkl. Beibl. 1 | Raumweise Heuzlast in Anlehnung an die DIN EN 12831 (U-Werte aus Effizienzhausnachweis sind zu verwenden) |
Thermostatventile mit konventioneller Voreinstellung: Ermittlung der Voreinstellung mittels Heizflächendurchfluss und Annahme eines Differensdruckes | Heizflächenauslegung: Berechnen der Heizflächendurchflüsse in Abhängigkeit der geplanten Vor- und Rücklauftemperaturen und der Heizflächengrößen | Heizflächenauslegung: Berechnen der Heizflächendurchflüsse in Abhängigkeit der geplanten Vor- und Rücklauftemperaturen und der Heizflächengrößen | Heizflächenauslegung: Berechnen der Heizflächendurchflüsse in Abhängigkeit der geplanten Vor- und Rücklauftemperaturen und der Heizflächengrößen |
Thermostatventile mit automatischer Durchflussberechnung: Voreinstellwert = ermittelter Heizflächendurchfluss | Ermittlung (in der Regel durch Rohrnetzberechnung) der Voreinstellwerte der Thermostatventile, Pumpenförderhöhe, Gesamtdurchfluss, ggf. Einstellwerte von Strangarmaturen und/ oder Differenzdruckreglern und Optimierung der Vorlauftemperatur bei Heizflächen im Bestand | Ermittlung (in der Regel durch Rohrnetzberechnung) der Voreinstellwerte der Thermostatventile oder Regulierventile bei Flächenheizungen, Pumpenförderhöhe, Gesamtdurchfluss, ggf. Einstellwerte von Strangarmaturen und/ oder Differenzdruckreglern | Ermittlung (in der Regel durch Rohrnetzberechnung) der Voreinstellwerte der Thermostatventile, Pumpenförderhöhe, Gesamtdurchfluss, ggf. Einstellwerte von Strangarmaturen und/ oder Differenzdruckreglern und Optimierung der Vorlauftemperatur bei Heizflächen im Bestand |
Überschlägige Ermittlung von Systemtemperatur, Pumpenförderhöhe, Gesamtdurchfluss, ggf. Einstellwerte von Strangarmaturen und/ oder Differenzdruckregler | Wenn große Teile der Alt-Installation des Rohrnetzes im nicht sichtbaren Bereich liegen, ist eine Ermittlung der Voreinstellwerte durch Annahme von Rohrlängen und Nennweiten möglich | Wenn große Teile der Alt-Installation des Rohrnetzes im nicht sichtbaren Bereich liegen, ist eine Ermittlung der Voreinstellwerte durch Annahme von Rohrlängen und Nennweiten möglich. |
Besonderheiten beim Nachweis des hydraulischen Abgleichs bei Einrohrheizungen |
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Ermittlung der einzelnen Einrohr-Heizkreisdurchflüsse gemäß Heizlastberechnung. |
Abgleich der Einrohr-Heizkreise mittels Durchflussbegrenzung oder Durchflussregelung und Rücklauftemperaturbegrenzung. |
Ermittlung der notwendigen Pumpoenförderhöhe und des Gesamtdurchflusses |
Einstellung der Heizungs-Umwälzpumpen |
Freiliegende Rohre sind auch im beheizten Bereich zu dämmen |
Besonderheiten beim Nachweis des hydraulischen Abgleichs bei Fußbodenheizungen |
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Die einzelnen Heizkreise müssen mit voreinstellbaren Abgleicharmaturen, Durchflussmengenmessern oder Durchflussreglern/ -begrenzern versehen sein. |
Am Markt gibt es auch verschiedene Lösungen, mit denen Heizkörpern automatisch abgeglichen werden können, ohne, dass der Handwerker die Ventileinstellungen berechnen und einstellen muss. Wir haben Ihnen im Folgenden die interessantesten am Markt verfügbaren Lösungen für die automatische Durchführungen eines hydraulischen Abgleichs aufgeführt:
Beim von Danfoss entwickelten automatischen hydraulischen Abgleich übernimmt das Smart Heating System die Berechnung und Voreinstellung der Durchflüsse. Es erfasst raumspezifische Aufheizzeiträume und stellt durch Regelung der Durchflussmengen sicher, dass zur richtigen Zeit am richtigen Ort stets die richtige Warmwassermenge vorhanden ist. Die Lösung kann selbst ältere bestehende Zweirohrsysteme und Fußbodenheizungen zuverlässig hydraulisch abgleichen. Mit Danfoss Eco können bis zu 20 freistehende Heizkörper, mit Danfoss Link bis zu 20 freistehende und verdeckte Heizkörper und mit Danfoss Icon 24V und/oder Funk bis zu 20 Heizkreise in Fußbodenheizungen hydraulisch abgeglichen werden.
Mit dem druckunabhängigen Regel- und Einregulierventil TA-Compact-P von IMI Hydronic Engineering lassen sich Einrohr-Heizungsanlagen automatisch hydraulisch abgleichen. Das Ventil wird einfach in den Einrohrringen eines bestehenden Systems nachgerüstet. Es übernimmt dabei die Funktion eines automatischen Durchflussreglers und sorgt dafür, dass sämtliche Ringe exakt die für die Versorgung der angeschlossenen Heizkörper benötigte Wassermenge erhalten. Komplexe Berechnungen oder detaillierte Kenntnisse des Rohrleitungssystems sind hierzu nicht erforderlich. » "Automatischer hydraulischer Abgleich in Einrohr-Heizungen"
Hydraulisch abgeglichene Heizungsanlagen arbeiten effizient und wirtschaftlich. Sie sparen Energie und erhöhen den Heizkomfort. So kann sich die Wärme gleichmäßig im ganzen Haus verteilen. Die Heizungspumpe benötigt weniger Strom und der Wärmeerzeuger weniger Öl und Gas. Je nach Fall, lassen sich mit dieser Maßnahme zwischen 10 und 20 Prozent Energie im Jahr einsparen. Und natürlich sinkt der CO2-Ausstoß.
So kann mit angepasstem Volumenstrom und Rücklauftemperaturen z. B. der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe um den Faktor 2 gesteigert, aber auch der energieeffiziente Einsatzder Brennwerttechnik erreicht werden. Der Abgleich ist daher eine ökonomische und gesetzliche Notwendigkeit.
Das Einsparpotential ist jedoch stark abhängig vom energetischen Zustand des Gebäudes. In der Regel gilt: Je neuer ein Gebäude ist, desto mehr Heizenergie kann durch einen Hydraulischen Abgleich eingespart werden.
Der mögliche Einsparbereich liegt etwa zwischen 5 Prozent bei alten, unsanierten Gebäuden und bis 10 Prozent und mehr bei neueren und energetisch sanierten Gebäuden. Durchschnittlich beträgt die Primärenergieeinsparung bei Gebäuden, in denen der Hydraulische Abgleich durchgeführt wurde, 8kWh/m2a – entsprechend 0,8 m3 Erdgas/m2a oder 0,8 l Heizöl/m2a.
Pauschalpreise lassen sich für einen hydraulischen Abgleich nicht nennen, da es dabei sowohl auf die Anzahl der abzugleichenden Heizkörper als auch auf eine Vielzahl weitere Faktoren ankommt:
Je nach dem Umfang der für einen hydraulischen Abgleich notwendigen Arbeiten resultieren Kosten für ein Einfamilienhaus von 300 bis zu 1200 Euro. In nachfolgender Tabelle zeigen wir beispielhaft, wie sich die einzelnen Kosten am Beispiel eines Einfamilienhauses zusammensetzen können.
Kostenposition | Preise |
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Datenaufnahme, Berechnung der Heizlast und der Voreinstellungswerte sowie das Einstellen der Thermostatventile, der Pumpe und der Regelung | 300 bis 500 Euro |
Nachrüstung der Heizkörper mit voreinstellbaren Thermostatventilen | 300 bis 400 Euro |
Einbau einer stromsparenden Hocheffizienzpumpe | 250 bis 300 Euro |
Für Neubauten schreibt der Gesetzgeber in der Energieeinsparverordnung (EnEV) den hydraulischen Abgleich vor. Auch in bestehenden Gebäuden ist er im Falle einer wesentlichen Änderung im Heizungssystem notwendig.
Wer zudem seine Heizung modernisieren und dafür gleichzeitig staatliche Fördermittel in Anspruch nehmen will, kommt um den hydraulischen Abgleich nicht herum. Denn eine solche Maßnahme ist eine Voraussetzung für eine finanzielle Förderung zum Beispiel durch die KfW-Bank als auch viele andere Förderungen z. B. der Bundesländer.
Zudem ist der Handwerker gemäß der Vergabe- und Vertragsordnung (VOB) verpflichtet, für Bauleistungen nach VOB Teil C und DIN 18380 einen hydraulischen Abgleich durchzuführen.
Experten-Tipp: Seit dem 01.08.2016 fördert die Bundesregierung den Einbau von Hocheffizienzpumpen und die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs innerhalb des Programms „Heizungsoptimierung durch hocheffiziente Pumpen und hydraulischen Abgleich“. Sowohl als Einzelmaßnahme als auch als Kombination beider Maßnahmen werden bei Altbauten 30% der Kosten als Zuschuss vom BAFA erstattet. Die Durchführung erfolgt durch den Fachbetrieb, die Antragstellung vom Hausbesitzer.
Ein Hydraulischer Abgleich in einer Heizungsanlage ist sinnvoll und wichtig für
Dennoch sollte er aber nicht überschätzt werden. In Heizungsanlagen, die mit Thermostatventilen auch ohne Voreinstellung ausgerüstet sind, entsteht letztlich durch das sinnvolle und bedarfsgerechte Heizverhalten der Nutzer auch eine abgleichende Hydraulik.
Insbesondere nach einer Heizungssanierung muss auch nach dem hydraulischen Abgleich weiter optimiert werden: Aufgrund vieler unbekannter und angenommener Kennwerte (Wärmedurchgangskoeffizient des Mauerwerks, überschlägige Heizlast, Rohrreibungsverluste und Rohrlängen, geschätzte Überdimensionierungsfaktoren der Heizkörper) sollte das Temperaturniveau langsam und sukzessive bei unterschiedlichen Lastzuständen gesenkt werden. Dies erfolgt durch den Anlagenbetreiber mit der Anpassung der Heizkurve über die Steilheit und die Parallelverschiebung.